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Astronomie - MUSE taucht in bisher unbekannte Tiefen des Hubble Ultra Deep Field

30.11.2017

Tiefste je durchgeführte spektroskopische Durchmusterung abgeschlossen

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Das Bild zeigt das Hubble Ultra Deep Field 2012, eine verbesserte Version der Hubble Ultra Deep Field-Aufnahme, die durch zusätzliche Beobachtungszeit entstanden ist. Die neuen Daten haben zum ersten Mal eine Population von fernen Galaxien mit Rotverschiebungen zwischen 9 und 12 zutage gebracht, einschließlich des bisher am weitesten entfernten Objektes. Diese Galaxien müssen vom zukünftigen NASA/ESA/CSA James Webb-Weltraumteleskop bestätigt werden, bevor ihre Existenz als gesichert gilt.

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Astronomen haben mit dem MUSE-Instrument am Very Large Telescope der ESO in Chile die bisher tiefste spektroskopische Durchmusterung durchgeführt. Sie konzentrierten sich dabei auf das Hubble Ultra Deep Field, in dem sie Entfernungen und Eigenschaften von 1600 sehr lichtschwachen Galaxien gemessen haben. Dazu zählen auch 72 Galaxien, die nie zuvor beobachtet worden waren, auch mit dem Hubble-Weltraumteleskop nicht. Dieser bahnbrechende Datensatz hat bereits zu 10 wissenschaftlichen Fachartikeln geführt, die in einer Sonderausgabe von Astronomy & Astrophysics veröffentlicht werden. Diese Fülle an neuen Informationen gibt Astronomen einen Einblick in die Sternentstehung im frühen Universum und ermöglicht ihnen, die Bewegungen und andere Eigenschaften früher Galaxien zu untersuchen — was nur durch die einzigartigen spektroskopischen Fähigkeiten von MUSE möglich war.

Das MUSE-HUDF-Survey-Team unter der Leitung von Roland Bacon von der Universität Lyon (CRAL, CNRS) in Frankreich hat mit dem Instrument MUSE (Multi Unit Spectroscopic Explorer) das Hubble Ultra Deep Field (heic0406) beobachtet, eine sehr gut erforschte Himmelregion im südlichen Sternbild Chemischer Ofen (lat. Fornax). Herausgekommen sind die tiefsten spektroskopischen Beobachtungen, die je gemacht wurden: Für 1600 Galaxien wurden präzise spektroskopische Informationen gesammelt, zehnmal so viele wie in den letzten zehn Jahren mit bodengebundenen Teleskopen in diesem Bereich mühsam untersucht worden waren.

Die originalen HUDF-Bilder, die mit dem Hubble-Weltraumteleskop der NASA/ESA aufgenommen wurden, waren bahnbrechend auf dem Bereich der Deep-Field-Beobachtungen, als sie 2004 veröffentlicht wurden. Auf den Aufnahmen ließ sich tiefer als je zuvor ins Universum blicken, und was zum Vorschein kam war nicht nur eine Vielzahl an Galaxien, sondern es war vor allem auch ein Blick zurück in die Vergangenheit, als das Universum noch nicht einmal eine Milliarde Jahre alt war. Das Gebiet wurde später noch viele weitere Male von Hubble und anderen Teleskopen beobachtet und heraus kam die bis heute tiefste Aufnahme des Universums [1]. Trotz der Tiefe der Hubble-Beobachtungen hat MUSE nun – abgesehen von vielen weiteren Ergebnissen – 72 Galaxien zu Tage gebracht, die nie zuvor in diesem kleinen Bereich des Himmels beobachtet wurden.

Hierzu meint Roland Bacon: „MUSE kann etwas, was Hubble nicht kann – in jedem Punkt im Bild teilt es das Licht in seine Farbkomponenten auf und erzeugt ein Spektrum. Das ermöglicht uns, die Entfernung, Farben und andere Eigenschaften all dieser Galaxien zu messen, die wir sehen können – einschließlich derer, die für Hubble unsichtbar waren.“ 

Die MUSE-Daten liefern einen neuen Blick auf dunkle, sehr weit entfernte Galaxien, die wir zu einem Zeitpunkt sehen, als das Universum vor  gut 13 Milliarden Jahren gerade erst entstanden war. Das Instrument hat in dem bereits gut untersuchten Gebiet Galaxien entdeckt, die 100 Mal lichtschwächer sind als jene in früheren Untersuchungen, was unser Verständnis über Galaxien jeden Alters verbessern wird.

Die Untersuchung brachte 72 Galaxien-Kandidaten zutage, die man als Lyman-alpha-Emitter bezeichnet, da sie nur im Lyman-alpha-Licht leuchten [2]. Unser derzeitiges Verständnis der Sternentstehung reicht nicht aus, um diese Galaxien, die nur in dieser einen Farbe zu leuchten scheinen, vollständig erklären zu können. Diese Objekte kamen nur zum Vorschein, weil MUSE das Licht in nach Farben bzw. Wellenlängen auflöst, auf tiefen Direktaufnahmen wie die von Hubble bleiben sie jedoch unsichtbar.

MUSE hat die einzigartige Fähigkeit, Informationen über einige der frühesten Galaxien im Universum zu extrahieren – sogar in einem Teil des Himmels, der bereits sehr gut untersucht ist“, erklärt Jarle Brinchmann, der an der Universität Leiden in den Niederlanden und am Institute of Astrophysics and Space Sciences am CAUP in Porto in Portugal arbeitet und Erstautor eines der Fachartikel ist, die die Ergebnisse der Untersuchung präsentieren. „Wir lernen Dinge über diese Galaxien, die nur mit Spektroskopie möglich sind, wie die chemische Zusammensetzung und innere Bewegungen – nicht Galaxie für Galaxie, sondern für alle Galaxien auf einmal!

Ein weiteres wichtiges Ergebnis dieser Untersuchung war der systematische Nachweis von leuchtenden Wasserstoffhalos um Galaxien im frühen Universum, was Astronomen eine neue und vielversprechende Möglichkeit bietet, zu untersuchen, wie Materie in frühe Galaxien hinein- und herausfließt.

In den Fachartikeln werden auch andere Anwendungsmöglichkeiten dieses Datensatzes diskutiert, einschließlich der Erforschung der Rolle lichtschwacher Galaxien während der kosmischen Reionisation (die nur 380.000 Jahre nach dem Urknall stattfand), der Galaxienverschmelzungsrate, als das Universum noch jung war, galaktischen Winden, Sternentstehung sowie die Kartierung der Bewegung von Sternen im frühen Universum.

Bemerkenswerterweise wurden diese Daten alle ohne das kürzlich an MUSE vorgenommene Adaptive Optics Facility Upgrade gewonnen. Die Aktivierung der AOF nach einem Jahrzehnt intensiver Arbeit durch Astronomen und Ingenieuren der ESO verspricht für die Zukunft noch weitere revolutionäre Daten“, meint Roland Bacon abschließend [3].

Endnoten

[1] Das Hubble Ultra Deep Field ist eines der am intensivsten untersuchten Gebiete des Himmels. Bis heute haben 13 Instrumente an acht Teleskopen, darunter auch ALMA (eso1633), bei dem die ESO einer der Partner ist, das Feld vom Röntgen- bis zum Radiowellenlängenbereich beobachtet.

[2] Die negativ geladenen Elektronen, die in einem Atom den positiv geladenen Kern umkreisen, haben quantisierte Energieniveaus. Das heißt, sie können nur in bestimmten Energiezuständen existieren, und sie können nur zwischen ihnen wechseln, indem sie genaue definierte Mengen an Energie gewinnen oder verlieren. Lyman-alpha-Strahlung entsteht, wenn Elektronen in Wasserstoffatomen vom zweitniedrigsten ins niedrigsten Energieniveau fallen. Die exakte Menge verlorener Energie wird als Licht mit einer bestimmten Wellenlänge im ultravioletten Teil des Spektrums freigesetzt, das Astronomen bei rotverschobenen Objekten mit Weltraumteleskopen oder auf der Erde nachweisen können. Für diese Daten ist das Lyman-alpha-Licht bei einer Rotverschiebung von z ~ 3-6,6 als sichtbares oder Nahinfrarotlicht beobachtbar.

[3] MUSEs Adaptive Optics Facility hat bereits Ringe um den planetarischen Nebel IC 4406 entedckt (eso1724), die bisher unentdeckt blieben.

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Diese Farbaufnahme zeigt das Hubble Ultra Deep Field, eine winzige, aber gut untersuchte Region im Sternbild Chemischer Ofen (lat. Fornax). Aufgenommen wurde sie mit dem MUSE-Instrument am Very Large Telescope der ESO. Das Bild gibt jedoch nur einen kleinen Einblick in den Reichtum der MUSE-Daten, die auch für jedes Pixel im Bild ein Spektrum zur Verfügung stellen. Der Datensatz ermöglicht es Astronomen nicht nur, die Entfernungen von deutlich mehr Galaxien als zuvor zu messen – insgesamt 1600 – sondern auch über jede einzelne mehr zu erfahren. Überraschenderweise wurden 72 neue Galaxien gefunden, die sich den tiefen Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops der NASA/ESA entzogen hatten.

Quelle: ESO

 

 

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