-
Am 8. Juni 2012 nahm die vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betriebene, hochauflösende Stereokamera HRSC auf der ESA-Raumsonde Mars Express eine Region innerhalb des 1800 Kilometer großen und fünf Kilometer tiefen Einschlagsbeckens Argyre auf. Es ist durch einen gigantischen Meteoriteneinschlag in der Frühzeit des Mars entstanden und, nach dem Hellas-Becken, das zweitgrößte Einschlagsbecken auf dem Mars.
Der Name leitet sich vom griechischen Wort für Silber (Argyros) ab. Der berühmte italienische Astronom Giovanni Schiaparelli gab der im Teleskop hell schimmernden Region auf dem Mars auf seiner detaillierten Karte aus dem Jahr 1877 diesen Namen. Er bezieht sich auf die "Silberinsel" an der Mündung des Ganges aus der griechischen Mythologie.
Der Wind als gestaltende Kraft der Marsoberfläche
Die in diesem Artikel präsentierten Mars-Express-Bilder zeigen alle einen Teil des nördlichen Randes des Einschlagsbeckens Argyre. Gut zu erkennen ist der 138 Kilometer breite Krater Hooke, der nach dem englischen Physiker und Astronomen Robert Hooke (1635-1703) benannt wurde.
Große Teile des Argyre-Beckens wurden durch Winderosion sowie durch den Einfluss von Wasser und Eis gestaltet. Darauf lässt sich auch das abgerundete Erscheinungsbild der den Hooke-Krater umgebenden Landschaft zurückführen.
Innerhalb des Hooke-Kraters hat die anhaltende Windaktivität Dünen geformt, während südlich des Kraters linienförmige Strukturen (sogenannte Yardangs oder Windhöcker) durch Winderosion entstanden sind, die man gut auf Bild 1 erkennen kann.
Bodenfrost und Schneewolken auf dem Mars
Das auffälligste Merkmal in den Bildern ist die dünne Schicht aus Kohlendioxideis (Trockeneis) die den südlichen Teil des Kraters wie mit Puderzucker überzieht (links in den Bildern 1 und 3). Kohlendioxideis kommt häufig auf der Marsoberfläche vor, vor allem im Bereich der beiden Pole. Lange Zeit nahm man an, dass es sich ausschließlich als Frost in Bodennähe bildet, so, wie es hier vermutlich auch der Fall ist.
NASAs Mars Reconnaissance Orbiter hat auch kürzlich Wolken entdeckt, die aus Kohlendioxidschnee bestehen und diesen auch auf die Oberfläche "schneien" können. Einige Jahre zuvor hatte schon Mars Express Wolken aus Kohlendioxideiskristallen nachgewiesen.
Aufnahmezeitpunkt liefert Erklärung
Auffällig ist, dass im Gegensatz zur Tiefebene (links in Bild 1) südlich des Hooke-Kraters und einigen Stellen innerhalb des Kraters, die von einer dünnen Eisschicht überzogen sind, diese an der inneren, nach Norden zeigenden Kraterwand fehlt. Sie wurde wahrscheinlich von der Sonne geschmolzen - dies würde auch der Aufnahmezeitpunkt der Bilder nahelegen.
Die Aufnahmen mit der HRSC-Kamera entstanden nämlich um 16:30 Uhr "Ortszeit", während der Wintersonnenwende auf der südlichen Halbkugel. Die Sonne wird sich zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 20 Grad über dem Horizont befunden haben und deshalb nur die Zeit und Kraft gehabt haben, die nördlichen Steilhänge genügend zu erwärmen und dort das Eis zu schmelzen. Eis, das sich auf tiefer gelegenen horizontalen Oberflächen befunden hat, konnte sie nicht schmelzen.
Schiaparelli hätte sicherlich seine Freude an den außerordentlich schönen Bildern der Mars Express-Raumsonde gehabt, die Wissenschaftler auch weiterhin mit einer Vielzahl wunderbarer Daten versorgt.
Bildverarbeitung und das HRSC-Experiment auf Mars Express
Die Aufnahmen mit der HRSC (High Resolution Stereo Camera) entstanden während Orbit 10.572 von Mars Express aus einer Höhe von knapp 500 Kilometern. Die Bildauflösung beträgt etwa 22 Meter pro Bildpunkt (Pixel). Die Abbildungen zeigen hiervon einen Ausschnitt bei 19 Grad südlicher Breite und 157 Grad östlicher Länge.
Die Farbansicht (Bild 1) wurde aus dem senkrecht auf die Marsoberfläche gerichteten Nadirkanal und den Farbkanälen der HRSC erstellt; die perspektivische Schrägansicht (Bild 3) wurde aus den Stereokanälen der HRSC berechnet. Das Anaglyphenbild (Bild 2), das bei Betrachtung mit einer Rot-Blau- oder Rot-Grün-Brille einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft vermittelt, wurde aus dem Nadirkanal und einem Stereokanal abgeleitet. Die in Regenbogenfarben kodierte Draufsicht (Bild 5) beruht auf einem digitalen Geländemodell der Region, von dem sich die Topographie der Landschaft ableiten lässt.
Das Kameraexperiment HRSC auf der Mission Mars Express der Europäischen Weltraumorganisation ESA wird vom Principal Investigator (PI) Prof. Dr. Gerhard Neukum (Freie Universität Berlin), der auch die technische Konzeption der hochauflösenden Stereokamera entworfen hatte, geleitet. Das Wissenschaftsteam besteht aus 40 Co-Investigatoren, aus 33 Institutionen und zehn Nationen stammen. Die Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) unter der Leitung des PI entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Sie wird vom DLR -Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben. Die systematische Prozessierung der Daten erfolgt am DLR. Die Darstellungen wurden vom Institut für Geologische Wissenschaften der FU Berlin erstellt.
Quelle: DLR
5433 Views