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Künstlerische Darstellung des heißen molekularen Kerns, der in der Großen Magellanschen Wolke entdeckt wurde
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Ein japanisches Team hat erstmals einen heißen molekularen Kern außerhalb der Milchstraße entdeckt. Die heiße und dichte Ansammlung komplexer Moleküle, die einen neugeborenen Stern umgibt und mit ALMA ausfindig gemacht werden konnte, besitzt eine völlig andere molekulare Zusammensetzung als ähnliche Objekte in unserer Galaxis – ein vielversprechender Hinweis darauf, dass die Chemie in unserem Universum unterschiedlicher sein könnte als bisher angenommen.
Dank des Leistungsvermögens des Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) konnte ein Team aus japanischen Wissenschaftlern einen massereichen Stern namens ST11 [1] in der Großen Magellanschen Wolke (engl. Large Magellanic Could, kurz LMC) beobachten, einer Zwerggalaxie in unserer unmittelbaren kosmischen Nachbarschaft. ST11 ist ein noch sehr junger Stern, der erst vor nicht allzu langer Zeit gezündet hat. Dem Team gelang es, in der Region um den Stern Strahlung von einer Vielzahl verschiedener molekularer Gase nachzuweisen, was ein Anzeichen dafür ist, dass es sich um vergleichsweise heißes und dichtes molekulares Gas handelt, das um den Stern konzentriert ist. Dies war ein Hinweis auf etwas, das bislang niemals zuvor außerhalb der Milchstraße beobachtet werden konnte – ein heißer molekularer Kern [2].
Takashi Shimonishi, Astronom an der Tohoku University in Japan und Erstautor des Fachartikels, in dem die Entdeckung beschrieben wird, ist begeistert: „Es handelt sich um die erste Entdeckung eines extragalaktischen heißen molekularen Kerns und zeigt außerdem das große Leistungsvermögen der neuen Generation an Teleskopen zur Untersuchung astrochemischer Phänomene jenseits der Milchstraße.“
Die ALMA-Beobachtungen machten deutlich, dass dieser neuentdeckte Kern in der LMC im Vergleich zu ähnlichen Objekten, die in der Milchstraße gefunden wurden, eine ganz andere Zusammensetzung hat. Die bedeutendsten chemischen Spuren im LMC-Kern beinhalten bekannte Moleküle wie Schwefeldioxid, Stickstoffmonoxid und Formaldehyd– neben dem allgegenwärtigen Staub. Mehrere organische Verbindungen, einschließlich Methanol (das einfachste Alkohol-Molekül), kamen in dem neu entdeckten molekularen Kern jedoch außergewöhnlich selten vor. Im Gegensatz dazu konnte bei Kernen in der Milchstraße eine Vielzahl komplexer organischer Moleküle beobachtet werden, einschließlich Methanol und Ethanol.
Shimonishi erklärt: „Die Beobachtungen deuten darauf hin, dass die molekulare Zusammensetzung der Materie, aus denen Sterne und Planeten entstehen, sich deutlicher unterscheidet, als wir angenommen hatten.“
Die LMC besitzt geringe Vorkommen an Elementen jenseits von Wasserstoff oder Helium [3]. Das Wissenschaftlerteam vermutet, dass diese so unterschiedliche galaktische Umgebung den Entstehungsprozess der Moleküle beeinflusst hat, der um den neugeborenen Stern ST11 stattfindet. Das könnte für die Unterschiede in den chemischen Zusammensetzungen verantwortlich sein, die beobachtet wurden.
Es ist noch unklar, ob die großen, komplexen Moleküle, die in der Milchstraße zu finden sind, auch in anderen Galaxien in heißen molekularen Kernen vorkommen. Komplexe organische Moleküle sind für die Forscher von besonderem Interesse, da manche mit präbiotischen Molekülen verwandt sind, die sich im Weltraum gebildet haben. Dieses neu entdeckte Objekt in einem unserer nächstgelegenen galaktischen Nachbarn ist für Astronomen prädestiniert, um dieses Frage zu klären. Dabei kommt auch noch eine andere Frage auf: Wie beeinflusst die chemische Vielfalt von Galaxien die Entwicklung extragalaktischen Lebens?
Endnoten
[1] Der vollständige Name von ST11 ist 2MASS J05264658-6848469. Der junge, massereiche Stern mit dem nur schwer zu merkenden Namen ist ein junges stellares Objekt. Obwohl es im Moment aussieht, als handele es sich nur um einen einzelnen Stern, ist es auch möglich, dass sich irgendwann herausstellt, dass es sich in Wahrheit um einen dichten Sternhaufen oder möglicherweise auch ein Mehrfachsternsystem handelt.
[2] Voraussetzungen für heiße molekulare Kerne sind: (vergleichsweise) kleines Objekt, mit einem Durchmesser von weniger als 0,3 Lichtjahren; eine Dichte von über einer Billion Molekülen pro Kubikmeter (deutlich niedriger als auf der Erde, aber für interstellare Umgebungen hoch) und hohe Temperaturen von über -173°C. Damit sind sie mindestens 80 Grad Celsius wärmer als eine durchschnittliche Molekülwolke, trotz der ähnlichen Dichte. Diese heißen Kerne bilden sich früh in der Entwicklungsphase eines massereichen Sterns und spielen im Weltraum eine entscheidende Rolle in der Entstehung komplexer Chemikalien.
[3] Aus den Kernfusionsreaktionen, die stattfinden, wenn ein Stern aufgehört hat Wasserstoff zu Helium zu verschmelzen, entstehen schwerere Elemente. Diese schwereren Elemente werden in den Weltraum geschleudert, sobald massereiche Sterne ihr Lebensende erreicht haben und als Supernovae explodieren. Somit hat das Vorkommen schwererer Elemente mit fortschreitendem Alter des Universums zugenommen. Dank der geringen Vorkommen schwererer Elemente, bietet die LMC Einblicke in die chemischen Prozesse, die im frühen Universum stattgefunden haben.
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ALMA-Ergebnisse sowie Infrarotaufnahme der Region
Diese Grafik zeigt Beobachtungen des ersten heißen Kerns, der mit ALMA außerhalb der Milchstraße gefunden wurde, sowie eine Aufnahme der Himmelsregion im infraroten Licht.
Links: Verteilung der Emission molekularer Linien eines heißen molekularen Kerns in der Großen Magellanschen Wolke, wie von ALMA beobachtet. Als Beispiel werden die Emissionen von Staub, Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffmonoxid (NO) und Formaldehyd (H2CO) gezeigt. Rechts: Eine Infrarot-Aufnahme der umgebenden Sternentstehungsregion (basierend auf Daten des Spitzer-Weltraumteleskops der NASA).
Quelle: ESO