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Astronomie - Zwei Millionen mal schärfer als das menschliche Auge: APEX beteiligt sich an Quasarbeobachtungen

 

 

 

Ein internationales Astronomenteam hat mit nie dagewesener Schärfe – zwei Millionen mal besser als das Auflösungsvermögen des menschlichen Auges - in das Herz eines fernen Quasars geblickt. Die Beobachtungskampagne, bei der das Atacama Pathfinder Experiment (APEX) [1] erstmals mit zwei weiteren Teleskopen auf einem anderen Kontinent verbunden wurde, ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum sogenannten „Event Horizon Telescope“ (wörtlich dem „Ereignishorizont-Teleskop“ [2]), das die supermassereichen Schwarzen Löcher im Zentrum unserer Milchstraße und anderer Galaxien sichtbar machen soll.
Astronomen haben das APEX-Teleskop, das sich in Chile befindet, mit dem Submillimeter Array (SMA) [3] auf Hawaii (USA) und dem Submillimeter Telescope (SMT) [4] in Arizona (USA) zusammengeschaltet. Mit dem so entstandenen Teleskopverbund gelangen die bislang schärfsten direkten Beobachtungen überhaupt [5]. Das Ziel der Messung war das Zentrum einer fernen Galaxie, genauer: der helle aktive Galaxienkern 3C 279, ein Quasar, der ein supermassereiches Schwarzes Loch mit etwa einer Milliarde Sonnenmassen enthält. Dieser Quasar ist so weit von der Erde entfernt, dass sein Licht mehr als fünf Milliarden Jahre benötigt hat, um uns zu erreichen. APEX ist ein Gemeinschaftsprojekt des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie (MPIfR), des Weltraumobservatoriums Onsala (Onsala Space Observatory, OSO) und der ESO, die auch für den Betrieb des Teleskops verantwortlich zeichnet.
Die Teleskope wurden mit Hilfe einer Technik zusammengeschaltet, die als Very Long Baseline Interferometry bezeichnet wird (wörtlich „Interferometrie mit sehr langer Basislinie“, abgekürzt VLBI). Ganz allgemein gilt: je größer der Durchmesser eines Teleskops, desto schärfere Aufnahmen kann es machen. Interferometrie ermöglicht es, mehrere Teleskope zu einem Teleskop zusammenzuschalten, dessen Auflösungsvermögen nicht mehr dem der Einzelteleskope sondern dem Abstand der Teleskope – der sogenannten Basislinie – entspricht. Mit der VLBI-Technik erhält man demnach umso schärfere Beobachtungsdaten, je größer der Abstand der beteiligten Teleskope ist: die sogenannte „Basislinie“. Die drei für die neuen Quasarbeobachtungen verwendeten Teleskope ergeben ein Interferometer mit interkontinentalen Basislängen von 9447 km von Chile nach Hawaii, 7174 km von Chile nach Arizona und 4627 km von Arizona nach Hawaii. Wie diese Zahlen zeigen, war die Anbindung von APEX in Chile an das Netzwerk entscheidend, um besonders lange Basislinien zu erreichen.
Die Beobachtungen wurden im Radiobereich bei einer Wellenlänge von 1,3 Millimetern gemacht und stellen die ersten derartigen Beobachtungen bei so kurzen Wellenlängen und mit derart langen Basislinien überhaupt dar. Sie erreichten eine Winkelauflösung von beachtlichen 28 Mikrobogensekunden – das sind gerade einmal acht Milliardstel eines Winkelgrads, zwei Millionen mal besser als das Auflösungsvermögen des menschlichen Auges. Derart scharfe Beobachtungen können trotz der Milliarden Lichtjahre, die der Quasar von uns entfernt ist, Details von der Größe eines Lichtjahrs auflösen – eine bemerkenswerte Leistung.
Das neue Ergebnis ist ein Meilenstein auf dem zu einem Ziel, das Astronomen seit längerem verfolgen: erstmals Abbildungen supermassereicher Schwarzer Löcher und ihrer Umgebung zu erstellen. Für die Zukunft ist vorgesehen, dem Netzwerk noch weitere Teleskope hinzuzufügen und so ein Verbundteleskop zu erzeugen, der als Event Horizon Telescope bezeichnet wird. Dieser Verbund sollte in der Lage sein, den Schatten des supermassereichen Schwarzen Lochs im Zentrum der Milchstraße und seiner Gegenstücke in nahegelegenen Galaxien aufzulösen. Der Schatten, der als dunkler Bereich vor hellerem Hintergrund erscheint, kommt zustande, weil die Krümmung der Raumzeit in der Nähe des Schwarzen Lochs das Licht dahinterliegender Objekte ablenkt. Eine direkte Beobachtung des Schattens wäre ein eindeutiger Beweis für die Existenz des Ereignishorizonts eines Schwarzen Lochs - der Grenze jenes Raumbereichs, aus dem Licht, das einmal hineingelangt ist, nie mehr entkommen kann.
Die VLBI-Premiere von APEX ist der Höhepunkt von drei Jahren harter Arbeit am 5000 Meter hoch gelegenen APEX-Standort in der Chajnantor-Hochebene in den chilenischen Anden, wo der Atmosphärendruck nur die Hälfte des Wertes auf Meereshöhe beträgt. Um APEX für die VLBI-Technik umzurüsten, richteten deutsche und schwedische Wissenschaftler neue digitale Messgeräte, eine hochpräzise Atomuhr und druckstabilisierte Aufnahmegeräte ein, die in der Lage sind, über viele Stunden hinweg und unter widrigen Umweltbedingungen 4 Gigabit pro Sekunde an Daten zu verarbeiten [6]. Die Gesamtmenge an Daten, 4 Terabyte von jedem der drei Teleskope, wurden auf Festplatten zum Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn geschickt und dort verarbeitet.
Dass es nun gelungen ist, APEX in das VLBI-Netzwerk einzubinden, ist noch aus einem weiteren Grund von Bedeutung: Am gleichen Standort befindet sich das im Aufbau befindliche neue Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) [7], dessen Einzelteleskope APEX in technischer Hinsicht sehr ähnlich sind. ALMA wird bei seiner Fertigstellung aus insgesamt 54 Antennenschüsseln mit 12 Metern Durchmesser bestehen – jede davon ein Zwilling der APEX-Antenne. Hinzu kommen 12 kleinere Schüsseln mit 7 Metern Durchmesser. Die Möglichkeit, ALMA an das VLBI-Netzwerk anzubinden, wird derzeit aktiv erkundet. Mit der um ein Vielfaches größeren Sammelfläche der ALMA-Schüsseln wäre dann eine um einen Faktor 10 bessere Empfindlichkeit erreichbar als bei den jetzt durchgeführten ersten Tests. Damit wäre der Schatten des supermassereichen Schwarzen Lochs im Zentrum der Milchstraße in die Reichweite des Teleskopverbunds gerückt.
Endnoten
[1] APEX ist ein Gemeinschaftsprojekt des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie (MPIfR), des Weltraumobservatoriums Onsala (Onsala Space Observatory, OSO) und der ESO, die auch für den Betrieb des Teleskops verantwortlich zeichnet. APEX dient als Wegbereiter für das Submillimeter-Teleskop der nächsten Generation: das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA), das ebenfalls auf der Chajnantor-Hochebene errichtet und betrieben wird.
[2] Das Projekt „Event Horizon Telescope“ ist eine internationale Kollaboration, die vom MIT Haystack Observatory in den USA koordiniert wird.
[3] Das Submillimeter Array (SMA) auf dem Mauna Kea (Hawaii) besteht aus 8 Antennenschüsseln mit je sechs Metern Durchmesser. Es wird vom Smithsonian Astrophysical Observatory in den USA und dem Academia Sinica Institute of Astronomy and Astrophysics in Taiwan betrieben.
[4] Das Submillimeter Telescope (SMT) mit einem Durchmesser von 10 Metern befindet sich auf dem Mount Graham in Arizona und wird vom Arizona Radio Observatory (ARO) in Tucson, Arizona (USA) betrieben.
[5] Es gibt indirekte Methoden, mit denen noch feinere Details untersucht werden können, wie zum Beispiel Microlensing (siehe heic1116) oder interstellare Szintillation, aber für direkte Beobachtungen stellt die hier beschriebene neue Messung einen Schärferekord dar.
[6] Solche System wurden zeitgleich in den USA (MIT-Haystack Observatory) und in Europa (MPIfR, INAF - Istituto di Radioastronomia Noto VLBI Station und HAT-Lab) entwickelt. Als hochpräzise Atomuhr wurde ein Wasserstoffmaser-Zeitstandard (T4Science) installiert. Das SMT und das SMA waren für den VLBI-Betrieb bereits ähnlich ausgerüstet worden.
[7] Das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) ist eine internationale astronomische Einrichtung, die gemeinsam von Europa, Nordamerika und Ostasien in Zusammenarbeit mit der Republik Chile getragen wird. Die ESO ist der europäische Partner bei ALMA.
Quelle+Skizzen: ESO

 

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