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Um das sagenumwobene Atlantis ranken sich unzählige Mythen. Der Philosoph Platon beschrieb um 350 vor Christus eine Seemacht, die in der Antike von Atlantis aus große Teile Europas und Afrikas kontrollierte. Vermutlich handelt es sich um eine Insel, deren Bewohner viele Gebiete rund ums Mittelmeer und die dort lebenden Völker beherrschte. Doch plötzlich ging das Reich Atlantis unter, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen - für die Archäologie bis heute eines der größten ungelösten Rätsel. Auf dem Mars ist ein großes Gebiet mit einer noch heute sichtbaren, ausgesprochen vielseitigen geologischen Vergangenheit nach Atlantis benannt: das Atlantis-Becken.
Ein virtueller Flug über das Gebiet Atlantis Chaos zeigt die unterschiedlichen Phänomene in dieser, vor Milliarden von Jahren entstandenen Landschaft eindrücklich. Die Animation wurde von Wissenschaftlern der Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung der Freien Universität Berlin auf der Grundlage eines digitalen Geländemodells erstellt, das aus vier zwischen 2008 und 2014 aufgenommenen Bildstreifen der vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betriebenen Kamera HRSC auf der ESA-Sonde Mars Express berechnet wurde.
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Video hier: https://www.youtube.com/watch?v=sglcA_HpwsQ
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Das schon vom französisch-griechischen Astronomen E.M. Antoniadi 1930 auf einer Marskarte beschriebene Gebiet befindet sich etwa bei 183 Grad östlicher Länge und 34 Grad südlicher Breite. Atlantis stellt vermutlich die Reste einer 200 Kilometer großen Einschlagsstruktur in der Hochlandebene Sirenum Terra dar. Das kreisrunde Profil eines möglichen Kraterrands ist allerdings kaum noch ausgeprägt. Bilder aus Atlantis Chaos wurden hier im DLR-Portal am 12. Juni 2014 veröffentlicht.
"Chaotische" Spuren von Sedimenten des Eridania-Sees
Der Flug führt zu Beginn der Animation über einen relativ gut erhaltenen Krater mit Spuren von Sedimenten auf seinem Grund, in denen Risse zu sehen sind. Anschließend geht es über einen gerade verlaufenden Abschnitt eines Tals tektonischen Ursprungs mit schmalen Grabenbrüchen zu beiden Seiten und weiter in eine Ebene mit hellen Ablagerungen und einigen Fließfronten erstarrter, dünnflüssiger Lava. Schließlich wird ein großes "chaotisches Gebiet" mit zum Teil hell gefärbten Tafelbergen überflogen, ehe der Flug über eine bergige Landschaft mit Erhebungen von bis zu zweitausend Metern Höhe führt.
Möglicherweise existierte im Atlantis-Becken und in den angrenzenden Senken einiger drei bis vier Milliarden Jahre alter Einschlagsbecken einmal ein stehendes Gewässer: der Eridania-See. Er könnte eine Fläche von über einer Million Quadratkilometer bedeckt haben, das ist etwa die Hälfte der Ausdehnung des Mittelmeeres. Im Nordwesten von Eridania - der antiken Bezeichnung für den Po und die Po-Ebene in Italien - nimmt das Ma’adim Vallis seinen Ausgang, ein etwa 700 Kilometer langes Tal, durch das vielleicht Wasser aus dem Eridania-See abgeflossen ist, um im weiter nördlich gelegenen Krater Gusev einen weiteren, tiefer gelegenen See zu bilden. Dort, im 166 Kilometer großen Krater Gusev, landete im Januar 2004 der NASA-Rover Spirit, der das Gebiet bis März 2010 untersuchte.
Ablagerungen von Wasser und Wind
Im Atlantis-Becken findet sich die wirre, zerfurchte und stark strukturierte Landschaft von Atlantis Chaos. Sie besteht aus zahlreichen kleinen Bergspitzen und Tafelbergen mit heller Oberfläche, die über die Ebene verteilt sind. Vermutlich handelt es sich um sogenannte Zeugenberge, also Überreste einer zusammenhängenden Hochfläche, die durch Erosion zum großen Teil abgetragen wurde. Ursprünglich könnte es sich dabei um Ablagerungen gehandelt haben, die der Wind in das Becken getragen hat. Auf der Erde sind solche Sedimentdecken als Löß bekannt; in China gibt es Vorkommen, die bis zu 400 Meter mächtig sind. Später wurden diese Sedimente durch den Einfluss von Wasser verändert.
Die überflogene Landschaft hat eine Ausdehnung von etwa 600 Kilometern in Nord-Süd-Richtung und 250 Kilometern in Ost-West-Richtung, was etwa der doppelten Größe Österreichs entspricht. Das Atlantis-Becken ist durch eine Art Kanal mit einem weiter südlich gelegenen, kleineren Becken von 175 Kilometern Durchmesser verbunden. Auch in dieser runden Senke sind einige Bergreste in chaotischer Anordnung zu sehen. Sie sind wie die Bergstotzen im benachbarten Atlantis-Becken ebenfalls mit einem hellen Material bedeckt.
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Quelle: DLR
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