Nordholz. Es klingt wie ein Scherz, doch die Firma Xcor Aerospace aus Kalifornien macht keine Witze: Das Unternehmen lässt derzeit prüfen, ob ihr Weltraum-Vehikel künftig vom Flughafen Nordholz aus Wissenschaftler und Touristen ins Weltall katapultieren darf. Ein Antrag liegt bei der Flugsicherung in Bremen und bei der Wehrbereichsverwaltung in Hannover vor.
Thomas Lötsch atmet schwer. Seit die Nachricht von den Nordholzer Weltallflügen im Radio die Runde macht, klingelt das Telefon des Geschäftsführers der zivilen Betriebsgesellschaft des Nordholzer Flughafens pausenlos. „Gefühlte 45 Mal“ habe er den Hörer an diesem Freitagmorgen schon abgehoben. „Klar“, sagt er und lacht. „Es wäre großartig, wenn Nordholz zum Weltraum-Bahnhof würde.“
Der Cuxhavener Wirtschaftsförderer denkt vor allem an den Marketingeffekt. Flüge ins All könnten dem seit Jahren gebeuteltem zivilen Bereich des Nordholzer Militärflughafens einen enormen Auftrieb verschaffen.
Mit seiner drei Kilometer langen Start-und-Landebahn bietet der Flughafen beste Bedingungen, um ein Raumflug-Vehikel starten und wieder landen zu können. „Die Infrastruktur in Nordholz wäre ideal, das findet man nicht so oft“, heißt es dazu bei Xcor Aerospace. Gleichzeitig tritt man bei dem 1999 gegründeten Unternehmen auf die Informationsbremse: Eigentlich sei es noch viel zu früh, um über das Projekt öffentlich zu sprechen.
„Noch ganz am Anfang“ sieht sich auch die Deutsche Flugsicherung (DFS) in Bremen, die den Luftraum über der Nordsee überwacht und das Anliegen zurzeit im Auftrag der Landesluftfahrtbehörde Oldenburg prüft. Nach Auskunft von Sprecherin Anja Naumann will Xcor von Nordholz aus kommerzielle Suborbitalflüge anbieten. Dabei handelt es sich um Flüge bis in 100 Kilometer Höhe, die unterhalb der Grenze zum Weltraum bleiben.
Das „Weltraum-Vehikel“, wie es Xcor selbst nennt, starte zunächst wie ein normales Flugzeug. Die Raketentriebwerke würden erst in der Luft gezündet. Mit einwöchigen Ausflügen ins All, wie sie der erste zivile Passagier Dennis Tito im Jahre 2001 erlebt hat, ist von Nordholz aus nicht zu rechnen. Nach 30 Minuten endet der Ausflug ins All.
Wie lange das Prüfverfahren dauern wird, ist derweil völlig ungewiss. „Im Moment steht noch nicht mal fest, wer an einem solchen Prozess alles zu beteiligen ist. Im Luftfahrthandbuch kann man so etwas nicht nachlesen“, sagt Naumann. Einen Antrag dieser Art habe es in Deutschland bislang noch nie gegeben.
Treffen schon terminiert
Ein Termin steht allerdings schon fest: Am 8. November wollen sich Vertreter von Xcor Aerospace mit den Verantwortlichen – von der Landesluftfahrtbehörde bis zum Militär – zu einem Gespräch treffen. Ob im Jahre 2014 – wie von Xcor beantragt – bereits die ersten Weltraumexkursionen von Nordholz aus möglich sind, steht derzeit noch in den Sternen.
Beim Marinefliegergeschwader (MFG) 3 „Graf Zeppelin“ in Nordholz werden die Weltall-Pläne der Amerikaner zurückhaltend kommentiert. „Natürlich sind wir in das Verfahren eingebunden”, bestätigt Fregattenkapitän Hans-Peter Weber. Der Kasernenkommandant verweist auf den Mitbenutzungsvertrag, den die Bundeswehr mit der Flughafenbetriebsgesellschaft vor Jahren geschlossen hat. „Wenn diese Art der Nutzung dort hineinpasst, wird sie von uns auch genehmigt.“ Genau das werde derzeit von der Wehrbereichsverwaltung Nord in Hannover geprüft.
Mindestens ein Nordholzer scheint sich schon jetzt auf den Weltraum-Bahnhof zu freuen. „Direkt vor meiner Haustür“, teilte er gestern der Facebook-Gemeinde mit, „gebongt!“
Private Weltraumflüge
Unternehmen auf der ganzen Welt basteln daran, die ersten kommerziellen und rein touristischen Weltraumflüge anzubieten.
Die Firma Xcor entwickelt derzeit das raketenbetriebene Flugzeug «Lynx», das 2014 erstmals einen Weltraumreisenden auf einer Höhe von etwa 100 Kilometern ins All bringen soll.
Quelle: nordsee-zeitung
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