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Astronomie - Thüringer Landessternwarte beobachtet gefährliche Kleinplaneten

 

 

Die Thüringer Landessternwarte in Tautenburg beteiligt sich an der Klassifikation und Überwachung von potentiell gefährlichen Kleinplaneten.

Tautenburg. Das Szenario könnten sich Drehbuchautoren von Science-Fiction-Streifen ausgedacht haben: ein Feuerball wälzt sich durch das Dunkel des Alls, rast mit unvorstellbarer Geschwindigkeit auf die Erde zu und ist von keinem Schutzschild aufzuhalten. Er löscht Leben und Natur aus. Noch nach Tausenden Jahren würden die Spuren seiner zerstörerischen Kraft sichtbar sein. "Meteoritenkrater zeigen uns, dass die Erde im Lauf ihrer Geschichte immer wieder einmal mit anderen Himmelskörpern kollidiert ist", sagt Dr. Bringfried Stecklum, Wissenschaftler am Karl-Schwarzschild-Observatorium der Thüringer Landessternwarte in Tautenburg. Solche Einschläge größerer Himmelskörper seien zwar rar, kämen aber dennoch vor. "Heutzutage hätte ein derartiges Ereignis unter Umständen verheerende Folgen." Daher werden solche Objekte von Observatorien und Amateurastronomen weltweit gesucht und überwacht. An dieser Aufgabe beteiligt sich auch das Tautenburger Observatorium.

 

  • Das Schmidt-Teleskop des Tautenburger Observatoriums ist in den Himmel gerichtet.

Bis zum heutigen Tag wurden etwa 8900 erdnahe Kleinplaneten identifiziert, von denen knapp 1000 einen Durchmesser von einem Kilometer und mehr besitzen, weiß der Astronom zu berichten. Ein Beispiel sei der Kleinplanet Apophis, der am 13. April 2029 in nur etwa einem Zehntel der Mondentfernung die Erde passieren wird. Praktisch bedeutet dies, dass der Himmelskörper in einer Entfernung von etwa 30 000 Kilometern an der Erde vorbei fliegt. In kosmischen Dimensionen betrachtet, ist das ein recht kleiner Abstand. Damit nicht genug: "Jeder Vorbeiflug ändert die Bahn des Kleinplaneten geringfügig, so dass sich das Risiko für eine zukünftige sehr nahe Begegnung oder sogar einen Einschlag verringert oder vergrößert", beschreibt er die möglichen Konsequenzen. Eine frühzeitige Risikoabschätzung ist Voraussetzung für mögliche Gegenmaßnahmen, wie sie beispielsweise im Projekt "NEOShield" vom Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum untersucht werden.

Stecklum. Seit Beginn dieses Jahres werden dafür in Tautenburg aus der täglich aktualisierten Liste potenziell gefährlicher oder noch nicht klassifizierter Objekte solche ausgewählt, die besonders gut von Tautenburg aus beobachtet werden können. "Mit der weltweit größten Schmidt-Kamera von 1,34 Meter Durchmesser ist das Observatorium bestens für die Verfolgung kleinerer Himmelskörper ausgerüstet, die nur eine geringe Helligkeit aufweisen", erklärt er. Allein in der Beobachtungsperiode im März konnten 34 neue erdnahe Kleinplaneten vermessen werden. Ihre Koordinaten wurden an das Minor Planet Center in Cambridge, U.S.A., übermittelt, wo die Beobachtungen gesammelt und aktualisierte Umlaufbahnen berechnet werden. "Ein interessanter Fall war dabei das Objekt TF85899, welches sich als neuer Komet entpuppte." Allerdings war dies den Kollegen am Mt. Lemmon-Observatorium in Arizona bereits aufgefallen, die den vermeintlichen Kleinplaneten am Ende der Nacht fotografierten, bevor er in der Abenddämmerung von Tautenburg aus beobachtet werden konnte. In der Neumond-Periode im Mai haben die Tautenburger Astronomen den dunklen Nachthimmel erneut genutzt, um weitere "Kandidaten" abzulichten. Die Überwachung von Kleinplaneten durch die Thüringer Landessternwarte erfolgt im Rahmen des Netzwerkes Euronear, das alle europäischen Aktivitäten dabei koordiniert. Die Beobachtung von Kleinplaneten hat an der Thüringer Landessternwarte lange Tradition. Schon in den 1960er Jahren beschäftigter sich Dr. Freimut Börngen damit. Unter seiner Leitung wurden bis in die 90er Jahre in Tautenburg gut 5000 Asteroiden gefunden und für diese etwa 18 000 Positionen bestimmt und Bahnen berechnet. 2006 erhielt der Astronom für seine die Tiefen des Alls buchstäblich "erhellenden" wissenschaftlichen Ergebnisse das Bundesverdienstkreuz. War in der damaligen Zeit die Aufmerksamkeit der Wissenschaftler vor allem darauf gerichtet, Asteroiden, die sich zwischen Mars- und Jupiterbahn bewegen, zu bestimmen, so suchen sie erst seit etwa fünf Jahren verstärkt so genannte Erdbahnkreuzer, die unserem Planeten gefährlich werden könnten. Mit Hilfe der Computertechnik lassen sich potenzielle Gefährdungen berechnen. Szenarien, wie die Menschen diese Gefahren bannen oder mit ihren Folgen umgehen könnten, muss die Gesellschaft erst noch entwickeln. Science-Fiction-Drehbücher taugen dafür sicher nicht.

Quelle: OTZ

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