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ALMA entdeckt rätselhaften Gasklumpen in der Trümmerscheibe um jungen Stern
Basierend auf Beobachtungen mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) im Norden Chiles haben Astronomen heute die Entdeckung eines unerwarteten Klumpens aus Kohlenstoffmonoxid-Gas in der Staubscheibe des Sterns Beta Pictoris bekanntgegeben. Das ist überraschend, denn man würde davon ausgehen, dass dieses Gas in kurzer Zeit von der Strahlung des Sterns zerstört werden sollte. Irgendetwas – wahrscheinlich häufige Zusammenstöße zwischen kleinen eishaltigen Objekten wie Kometen – muss für die kontinuierliche Wiederauffüllung des Gases verantwortlich sein. Die neuen Ergebnisse werden heute in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht.
Das System des nahegelegenen Sterns Beta Pictoris, der leicht mit dem bloßen Auge am Südhimmel zu sehen ist, wird als archetypisches junges Planetensystem gepriesen. Man weiß, dass es einen Planeten beherbergt, der sich auf einer Umlaufbahn in 1,2 Milliarden Kilometern Entfernung vom Stern bewegt. Beta Pictoris war einer der ersten Sterne mit einer großen Scheibe aus Staubtrümmern, den man fand [1].
Neue Beobachtungen mit ALMA haben nun gezeigt, dass die Scheibe von Kohlenstoffmonoxid-Gas durchsetzt ist. Paradoxerweise könnte die Anwesenheit von Kohlenstoffmonoxid, das für uns Menschen auf der Erde äußerst schädlich ist, ein Hinweis dafür sein, dass das Planetensystem Beta Pictoris irgendwann ein gutes Habitat für Leben sein könnte. Der Kometenbeschuss, den seine Planeten gerade durchleben, versorgt sie vermutlich mit dem Wasser, das Leben erst möglich macht [2].
Kohlenstoffmonoxid wird allerdings leicht und schnell von der Strahlung des Sterns gespalten – an der Stelle, an der es in der Scheibe von Beta Pictoris beobachtet wird, kann es nur etwa 100 Jahre lang existieren. Es in der 12 Millionen Jahre alten Scheibe von Beta Pictoris zu finden, war daher für die Wissenschaftler völlig überraschend. Es stellt sich daher die Frage, wo es herkommt und warum es immer noch dort ist.
„Sofern wir Beta Pictoris nicht gerade in einer besonders ungewöhnlichen Phase beobachten, muss das Kohlenstoffmonoxid kontinuierlich aufgefüllt werden“, erläutert William R.F. Dent, ESO-Astronom am Joint ALMA Office in Santiago de Chile und Erstautor des heute veröffentlichten Artikels in der Fachzeitschrift Science. „Die häufigsten Quellen für Kohlenstoffmonoxid in einem jungen Sonnensystem sind Zusammenstöße zwischen eishaltigen Objekten, die von Kometen bis hin zu größeren, planetenartigen Objekten reichen.“
Die Zerstörungsrate muss jedoch sehr hoch sein: „Um die beobachtete Menge an Kohlenstoffmonoxid zu erhalten, müsste die Kollisionsrate in der Tat erstaunlich hoch sein – eine große Kometenkollision alle fünf Minuten“, merkt Aki Roberge an, NASA-Astronom am Goddard Research Center in Greenbelt in den USA und Koautor des Fachartikels. „Um diese Kollisionsrate zu aufrechtzuerhalten, müsste es ein sehr dichter, massereicher Kometenschwarm sein.“
Aber es gab noch eine weitere Überraschung in den ALMA-Daten, mit denen das Kohlenstoffmonoxid nicht nur überhaupt erst sichtbar gemacht werden konnte sondern gleichzeitig auch dessen Verteilung in der Scheibe kartiert werden konnte. Ermöglicht wurde dies durch ALMAs einzigartige Fähigkeit, gleichzeitig sowohl die Position als auch die Geschwindigkeit des Gases zu messen. Es ergab sich, dass das Gas in einem einzigen kompakten Klumpen konzentriert ist. Diese Konzentration befindet sich 13 Milliarden Kilometer vom Stern entfernt, was etwa der dreifachen Entfernung zwischen dem Planeten Neptun und der Sonne entspricht. Warum sich das Gas in diesem kleinen Klumpen so weit entfernt vom Stern befindet, bleibt allerdings ein Rätsel.
„Dieser Klumpen ist ein wichtiger Hinweis auf die Vorgänge in den Außenbereichen dieses jungen Planetensystems“, ergänzt Mark Wyatt von der University of Cambridge in Großbritannien und Koautor des Fachartikels. Es gäbe zwei Wege, auf denen sich so ein Klumpen bilden kann: „Entweder werden die Kometenkollisionen durch die gravitative Anziehung eines noch nicht sichtbaren Planeten mit einer saturnähnlichen Masse auf eine kleine Region konzentriert oder das was wir sehen ist der Überrest einer einzigen katastrophalen Kollision zweier marsähnlicher Eisplaneten.“
Beide Möglichkeiten geben Astronomen Anlass zur Hoffnung, dass noch weitere Planeten um Beta Pictoris auf ihre Entdeckung warten. „Kohlenstoffmonoxid ist nur der Anfang – es könnten noch weitere komplexe pre-organische Moleküle aus diesen Eisobjekten freigesetzt worden sein“, fügt Roberge hinzu.
Weitere Beobachtungen mit ALMA, dessen Kapazitäten immer noch nicht voll entfaltet sind, sind geplant, um mehr Licht in dieses fesselnde Planetensystem zu bringen und somit dabei zu helfen, die Bedingungen zu verstehen, die während der Entstehung des Sonnensystems geherrscht haben.
Endnoten
[1] Viele Sterne sind von wirbelnden Staubwolken, die Trümmerscheiben genannt werden, umgeben. Sie sind die Überreste von Kollisionskaskaden von Gesteinsbrocken in der Umlaufbahn um den Stern, ähnlich wie bei der Zerstörung der Raumstation im Kinofilm Gravity dargestellt, allerdings auf viel größeren Skalen. Von früheren Beobachtungen von Beta Pictoris wurde in eso1024 und eso0842 berichtet.
[2] Kometen enthalten eisförmiges Kohlenstoffmonoxid, Kohlenstoffdioxid, Ammoniumhydroxid und Methan. Der häufigste Bestandteil ist jedoch eine Mischung aus Staub und Wassereis.
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Die Position des Sterns Beta Pictoris ist in dieser Aufsuchkarte mit einem roten Kreis im Sternbild Pictor (der Bildhauer) markiert. Wie schon der Name verrät, ist Beta Pictoris der zweithellste Stern in diesem Sternbild. Zusammen mit den meisten Sternen auf dieser Karte ist er mit bloßem Auge unter guten Bedingungen sichtbar.
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Mit seinem Alter von nur 12 Millionen Jahren, oder weniger als einem dreitausendstel des Alters der Sonne, ist Beta Pictoris um 75% massereicher als unsere Sonne. Er befindet sich in einer Entfernung von etwa 20 Lichtjahren von der Erde im Sternbild Pictor (der Bildhauer) und ist eins der bekanntesten Beispiele für einen Stern mit einer staubhaltigen Trümmerscheibe. Frühere Beobachtungen haben eine Wölbung in der Scheibe sichtbar gemacht, eine zweite geneigte Scheibe und kometenartige Objekte, die auf den Stern fallen: alles indirekte, aber sehr suggestive, Anzeichen für die Anwesenheit eines massereichen Planeten. Beobachtungen mit dem NACO-Instrument am Very Large Telescope der ESO in den Jahren 2003, 2008 und 2009 haben nachgewiesen, dass es einen Planeten in der Umlaufbahn um Beta Pictoris gibt. Er befindet sich in einer Entfernung zwischen dem 8- bis 15-fachen der Entfenung Erde-Sonne – oder Astronomischen Einheiten – was etwa der Entfernung zwischen Sonne und Saturn entspricht. Der Planet hat eine Masse von etwa neun Jupitermassen und damit genau die richtige Masse und Position, um die beobachtete Wölbung im Innenbereich der Scheibe zu erklären.
Dieses Bild zeigt, basierend auf Daten aus dem Digitized Sky Survey 2, eine Region von etwa 1,7 mal 2,3 Grad um Beta Pictoris.
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Die ALMA-Aufnahme des Kohlenstoffmonoxids um Beta Pictoris (oben) kann de-projiziert werden (unten) um eine Ansicht von oben auf das System zu simulieren. So wird die große Gaskonzentration in den Außenbereichen von Beta Pictoris deutlich sichtbar. Zum Vergleich der Größenordnungen sind die Planetenbahnen des Sonnensystems eingezeichnet.
Quelle: ESO