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Mars-Chroniken - Nec­ta­ris Fossae und Prot­va Val­les – Brü­che und Tä­ler auf ei­nem vul­ka­ni­schen Hoch­land­pla­teau

6.02.2023

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  • Bilddaten der HRSC-Kamera an Bord der Mission Mars Express zeigen eine geologisch komplexe Region an den Flanken von Thaumasia Planum.
  • Die vorgestellte Bildsequenz zeigt die östliche Flanke des Coprates-Bergrückens.
  • Dieser enthält tektonische Bruchstrukturen der Nectaris Fossae sowie breit eingeschnittene Täler des ausgetrockneten Flusssystems Protva Valles.
  • HRSC (High Resolution Stereo Camera) ist ein Kameraexperiment, das vom DLR entwickelt wurde und seit Januar 2004 Bilder der Marsoberfläche zur Erde schickt.
  • Schwerpunkt: Raumfahrt

In unserer Reihe „Marsbild des Monats“ zeigen wir heute eine geologisch komplexe Region an den Flanken von Thaumasia Planum, einem ausgedehnten vulkanischen Plateau im Hochland südöstlich des großen Grabenbruchs der Valles Marineris. Aufgenommen wurden die Bilddaten von der hochauflösenden Stereokamera (HRSC) an Bord der ESA-Mission Mars Express. HRSC ist ein Kameraexperiment, das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt wurde und betrieben wird. Im Januar 2023 ist die HRSC seit 19 Jahren in Betrieb und immer noch voll funktionsfähig.

Thaumasia Planum ist ein großes vulkanisches Hochlandplateau südlich der tiefen Schluchten Melas und Coprates Chasmata – zwei tektonischen Bruchstrukturen, die Teil des riesigen, 4.000 Kilometer langen Talsystems Valles Marineris sind. Die „Ebene des Thaúmas" ist nach einem Meeresgott in der griechischen Mythologie benannt und besteht größtenteils aus erstarrten Lavaströmen. Diese sind bis zu mehreren tausend Meter dick und haben mit dieser Mächtigkeit auf den Kontinenten der Erde keine Entsprechung. Die Lava ist vermutlich im Zeitalter des Noachiums ausgetreten, dem ältesten der drei geologischen Zeitalter des Mars, und ist folglich etwa vier Milliarden Jahre alt. Thaumasia grenzt im Osten an einen 900 Kilometer langen, von Norden nach Süden verlaufenden Bergrücken, der informell als Coprates-Erhebung bezeichnet wird.

Die hier vorgestellte HRSC-Bildsequenz zeigt die östliche Flanke des Coprates-Bergrückens, der tektonische Bruchstrukturen der Nectaris Fossae sowie breit eingeschnittene Täler des ausgetrockneten Flusssystems Protva Valles enthält. Die Topographie deutet auf eine massive Veränderung der Landschaft durch Bewegungen in der Marskruste, welche die Bildung der tektonischen Gräben zur Folge hatte, und anschließender Erosion hin. Einige Landschaftsformen sind das Ergebnis von austretender und dann erstarrter, dünnflüssiger Lava, wodurch sogenannte Runzelrücken entstanden (siehe kommentiertes Bild und Übersichtskarte).

Magmablasen formten große Teile der Mars-Kruste

Die Bildung der Nectaris Fossae begann vermutlich im Noachium und setzte sich möglicherweise bis in das folgende Mars-Zeitalter fort – das späte Hesperium, in dem der Mars mehr und mehr seine heutige Gestalt annahm. Es wird angenommen, dass die Gräben „genetisch“ mit dem Valles-Marineris-System verknüpft sind, also wie diese durch eine Dehnung der Kruste infolge einer Aufwölbung durch aufsteigende Magmablasen entstanden sind. In dieser HRSC-Beobachtung schneiden die Klüfte nahezu geradlinig durch das Bild und sind oft mit hell getöntem Staub oder Sand gefüllt.

Das Talnetzwerk von Protva Valles ist stark von der Erosion verwittert. Sein Ursprung wurde auf die späte Noachische beziehungsweise frühe Hesperische Periode datiert – eine Zeit, in der viel mehr Wasser über die Oberfläche des Mars floss, erodiertes Material mitführen konnte und die Oberfläche dadurch neugestaltete.

Die Entwicklung der Region könnte mit der Auflast durch die Masse der bis zu 20 Kilometer hohen Tharsis -Vulkane und des Megavulkans Olympus Mons begonnen haben. Diese Last könnte Spannungen in der Gesteinskruste verursacht und zu zahlreichen Dehnungsbrüchen geführt haben. Danach wurde die Region wiederholt von Lavaströmen aus Basalt bedeckt, dem auch auf der Erde häufigsten vulkanischen Gestein aus dünnflüssiger Eisen- und magnesiumreicher Lava. In einer späteren Phase wurde die Region von Vulkanasche und -staub bedeckt. Schließlich wurden durch abfließendes Wasser Täler in die Landschaft erodiert.

Woher kam das Wasser?

Einige der Täler scheinen tiefer in das Gestein eingeschnitten zu sein, andere sind eher oberflächlich und breiter. Sie scheinen auch auf unterschiedlichen Höhenniveaus zu entspringen – ein Hinweis auf eine Absenkung des Grundwasserspiegels, falls die Flüsse von austretendem Grundwasser gespeist wurden. Aufgrund der starken Erosion ist es jedoch schwierig, die Herkunft des Wassers zu bestimmen. Die Höhenunterschiede innerhalb dieses Bildes betragen beeindruckende 4.500 Meter. Das sind Dimensionen, die wir auf der Erde nur aus den höchsten Gebirgen, den Anden und dem Himalaya, kennen. Seit der Entstehung von Protva Valles vor vermutlich 3,8 Milliarden Jahren ist die Geologie jedoch kaum verändert worden.

Bildverarbeitung

Die Bilder wurden von der HRSC (High Resolution Stereo Camera) am 23. Mai 2022 während Mars Express Orbits 23.232 aufgenommen. Die Bodenauflösung beträgt etwa 23 Meter pro Pixel, und das Bild ist auf 301 Grad Ost und 27 Grad Süd zentriert.

Das Farbbild wurde aus den Daten des Nadir-Kanals, des senkrecht zur Marsoberfläche ausgerichteten Sichtfeldes, und den Farbkanälen der HRSC erstellt. Die schräge perspektivische Ansicht wurde aus dem digitalen Geländemodell, dem Nadirkanal und den Farbkanälen der HRSC erstellt. Das Anaglyphenbild, das bei Betrachtung mit einer Rot/Blau- oder Rot/Grün-Brille einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft vermittelt, wurde aus dem Nadirkanal und einem Stereokanal abgeleitet. Die farbkodierte topografische Ansicht basiert auf einem digitalen Geländemodell (DGM) der Region, aus dem sich die Topografie der Landschaft ableiten lässt.

Der Referenzkörper für das HRSC-DGM ist eine Marsäquipotentialfläche, das so genannte Areoid (vom Griechischen „Ares“ für den Mars), eine globale Kugelfläche identischer Anziehungskraft, die auf der Erde durch den Meeresspiegel verkörpert wird.

HRSC ist ein Kameraexperiment, das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt wurde und betrieben wird. Die systematische Auswertung der Kameradaten fand am DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof statt. Die Arbeitsgruppe Planetenforschung und Fernerkundung der Freien Universität Berlin hat die Daten zu den hier gezeigten Bildprodukten verarbeitet.

Quelle: DLR

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