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Astronomie - Bolide am Heiligen Abend 1772

 

Raketenschrott, Meteorit? Wenn Experten in diesen Tagen über die Lichterscheinungen des jüngsten Heiligen Abends über Deutschland sprechen, dann gehen sie davon aus, dass eine Stufe der Sojus-Rakete verglüht ist, „Davon ausgehen“ heißt – meist im Politikerdeutsch – es nicht genau zu wissen, aber es zumindest anzunehmen.

Seeprovinz (jpw). Einmalig, seit dem Stern über Bethlehems Stall? Gewissheit herrscht auf jeden Fall darüber, dass diese weihnachtliche Lichterscheinung nicht die Einzige gewesen ist, die in der Weihnachtszeit der Seeprovinz zu beobachten war.

Von einer „raketenartigen Himmelserscheinung“ mit einem starken Leuchten, die sich sehr langsam fortbewegte, berichtete schon der Kommandant der Festung Wilhelmstein d’Etienne, ausgerechnet am Heiligen Abend des Jahres 1772.

„Ich hoffe“, schrieb d’Etienne in einem Bericht an den Fürsten, „Eure Durchlauchtige Hoheit wird nicht für übel befinden, dass ich mir die Ehre gebe, ihnen anzuzeigen, dass eine einer großen Rakete ähnlichen Erscheinung“ am 22. ungefähr um sechs Uhr morgens über dem See erschien, die sich sehr langsam fortbewegte und ein starkes Leuchten sogar in den Unterkünften verbreitete.“

Der Festungskommandant lieferte eine detaillierte Flugbahnbeschreibung nach Bückeburg: „Anfangs von Norden nach Süden, dass heißt bis in die Nähe der Festung, danach wandte sie sich von der Spitze des Ravelins No. 3 über die von Bastion No. 2 bis zu der Bastion No. 1, in dem sie auf der Höhe der Wetterfahne des Wilhelmsteins beinahe der Kette folgte.“ Schließlich habe sie ihren Weg nach Buschmanns Landwehr genommen, „wobei sie ein dem einer Rakete ähnliches Geräusch“ von sich gegeben habe.

„Es wird versichert“, so schloss d’Etienne, „dass diese Erscheinung ungefähr zur selben Zeit an mehren Orten beachtet wurde. Die Beobachtung des Festungskommandanten am dunklen Nachthimmel über dem Steinhuder Meer stammt genau aus dem Jahr 1772, als ein deutscher Forschungsreisender erstmals einen Meteoriten in Russland beschrieb. Es ist schließlich davon auszugehen, dass es sich – weithin sichtbar – zumindest vor 239 Jahren um einen eben solchen gehandelt hat.

Quelle: Schaumburger Nachrichten, 30.12.2011

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