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Luftfahrt - OTTO AVIATION CELERA 500L Fliegendes Zäpfchen mit deutschem Motor

11.11.2020

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Die Celera 500L macht alles anders: Zäpfchenform statt Röhre, Kolbentriebwerk mit Druckpropeller statt Strahlantrieb und Laminarströmung statt Widerstand. Nach diesem Rezept soll der Sechssitzer in extremer Höhe Jetleistungen bei viel niedrigeren Kosten erreichen.

Otto Aviation, dieses verschwiegene US-Unternehmen des promovierten Physikers und Mathematikers William M. Otto in Kalifornien, kannten bisher nur wenige Brancheninsider. Otto arbeitete einst als Forscher im US-Atomlabor Los Alamos, entwarf taktische Nuklearwaffen, Atomantriebe für Raketen, war Materialforscher, konstruierte bei North American das Steuerungssystem der Minuteman-Rakete und Torpedos, bis er leitender Wissenschaftler für Avionikentwicklung des B-1-Bombers wurde. 1974 machte sich der vielseitige Ingenieur mit seiner Firma Otto Laboratories selbstständig.

Zeitgewinn eines Business Jets

Vor allem als Flugunfallermittler reiste er fortan weltweit über drei Millionen Kilometer an Bord von Linienflugzeugen. Und in dieser Zeit reifte sein Entschluss, ein eigenes Flugzeug zu entwickeln, das pro Sitz zum Preis eines Linientickets die Leistungen, den Komfort und Zeitgewinn eines Business Jets bieten sollte. Nonstop-Reichweite: Von der US-Ostküste an die US-Westküste. 2008 gründete Otto dafür die Otto Aviaton Group, die in der ersten Phase seinen Entwurf zur Erstflugreife bringen und erproben sollte, um damit Inves- toren für eine Zulassung und Serien- produktion suchen zu können. Ottos Entwicklungsteam wählte für das Sparflugzeug Celera 500L statt eines Strahlantriebs einen neu entwickelten Kolbenmotor. Dieser ist im Rumpfheck hinter dem Flügel installiert und treibt einen maßgeschneiderten Fünfblatt-Druckpropeller im Heck an.

Bordkomfort wie im Business Jet

Die Auslegung erinnert entfernt an den Rekord-Propellerbombers Douglas XB-42 aus dem Zweiten Weltkrieg. Bei Otto völlig anders ist jedoch die zuckerhutartige Rumpfform, die bis etwa zur Flügelvorderkante keilartig dicker wird. Diese Form sorgt für viel Kabinenvolumen mit voller Stehhöhe und angenehmer Sitzbreite für vier Sessel in Clubanordnung und zwei weitere bugwärts. Außerdem gibt es hinter dem Zweimann-Cockpit noch eine Toilette – keine Selbstverständlichkeit in Flugzeugen der Allgemeinen Luftfahrt. Aber die ungewöhnliche Formgebung soll sich auch außen auswirken, durch Laminarströmung. Das bedeutet, dass die Luft schichtartig um die Außenhaut strömt, statt zu verwirbeln.

Widerstandsverminderung um 59 Prozent

Dazu muss die Form vom Rumpf, den säbelartigen Flügeln und dem Leitwerk nicht nur genauestens berechnet und maßgenau gefertigt sein, sondern sie muss auch völlig glatt und sauber von Schmutz bleiben. Schon die Hinterlassenschaften eines durchflogenen Mückenschwarms oder ein unsauberer Farbauftrag können die Laminarwirkung stören. Erreicht man aber Laminarströmung, verringert sich der Widerstand erheblich. Otto Aviation verspricht für die Celera 500L eine Widerstandsverminderung um 59 Prozent gegenüber einem gleich großen, konventionell ausgelegten Flugzeug. Selbst der Druckpropeller im Heck hilft bei der Widerstandssenkung, denn er saugt die Luft, die entlang der Rumpfhaut strömt, fortwährend in Richtung Heck ab.

Spektakuläre Leistungswerte

In der Tat lesen sich die Leistungswerte, die Otto Aviation verspricht, spektakulär: Reichweite bis zu 8300 Kilometer, Reisegeschwindigkeit bis zu 740 km/h in Höhen zwischen 9150 und bis zu 15 240 Meter. Stündliche Betriebskosten von 328 US-Dollar (ein vergleichbarer Jet kommt laut Otto Aviation auf 2100 US-Dollar) und 30 Prozent sauberer, als es die ICAO- und FAA-Vorschriften für Carbonemissionen ab dem Jahr 2031 verlangen. Der Anschaffungspreis liege auf dem Niveau "eines leichten Jets", so der Hersteller. Mit ihrer Startstrecke von gut 1000 Metern könne die Celera 500L direkt 5000 Regional- und Stadtflughäfen in den USA ansteuern, was die Reisezeit nochmals verkürze. Ihre Wirtschaftlichkeit übertreffe auch viele Regionalflugzeuge. Pro Sitz sei die Celera bei den CO2-Emissionen 80 Prozent sauberer als Business Jets. Und selbst die effizientesten Verkehrsflugzeuge unterbiete sie um 40 Prozent.

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Der schmale Flügel erreicht eine Gleitzahl von 22. Aus einem Meter Höhe kann das Flugzeug 22 Meter weit gleiten.

Serienversion

Otto Aviation will die Celera bis 2023 bei der FAA zugelassen haben. Währenddessen sollen Investoren geworben werden, um eine Serienversion bauen zu können. Ab 2025 wäre das Flugzeug, dessen Prototyp bereits in Victorville fliegt, im Idealfall lieferbar. Otto Aviation hat neben der Passagierausführung auch einen Expressfrachter, eine Drohne und eine 20 Prozent größer skalierte Version Celera 1000 konzipiert. Auch für den modularen Einbau hybrid-elektrischer Systeme eigne sich die strömungsgünstige CFK-Zelle.

Kraftpaket aus Deutschland

Bereits EASA- und FAA-zugelassen ist der in Deutschland als Luftfahrtantrieb neu entwickelte Kolbenmotor RED A03-003 der Celera 500L. Der 363 kg schwere, per FADEC elektronisch geregelte V-12-Dieselmotor mit Turbolader, Common-Rail-Einspritzung und Reduktionsgetriebe holt aus 6,1 Litern Hubraum 368 kW (500 PS) Startleistung. Die maximale Dauerleistung liegt bei 338 kW (460 PS). Im Reiseflug bei typischen 220 kW (300 PS) liegt der Verbrauch bei nur 59 Litern pro Stunde. Das Triebwerk mit Einhebelbedienung verträgt Diesel oder Jet-A1 (Kerosin). Die beiden Zylinderbänke sind weitgehend unabhängig voneinander lauffähig.

Kunstflug zertifiziert

Alle kritischen Subsysteme sind doppelt vorhanden. Vom Basismotor A03-003 hat RED aircraft mehrere Versionen abgeleitet. Der stärkere RED A03-005 mit 550 PS Startleistung steht laut Hersteller kurz vor der Zulassung. Eine weitere Variante verfügt über einen zweiten Turbolader für bis zu 15 240 Meter Flughöhe. Der RED A03-102 ist für den Kunstflug zertifiziert und verfügt über ein rückenflugtaugliches Ölsystem.

Raikhlin aircraft Engine Developments

Hersteller des RED A03 ist die als EASA-Entwicklungsbetrieb zugelassene Hightech-Ingenieursfirma Raikhlin aircraft Engine Developments (RED) aus Adenau in der Eifel, wo die RED aircraft GmbH nahe des Nürburgrings ihren Sitz hat. Das Unternehmen sieht für das neue Triebwerk noch weitere Anwendungsfelder bei Flugzeugen nach den Konstruktionsstandards CS-23 und CS-27 vor, etwa bei Agrar-, Trainings- und Regionalflugzeugen bis hin zu Hubschraubern. Außerdem kämen Anwendungen als Hilfsantrieb (APU) sowie im Bereich hybrid-elektrischer Luftfahrzeuge infrage.

Jährlichen Wartungs- und Kraftstoffkosten

Der V-12-Motor der Celera 500L wurde während der Entwicklung in einer Jakowlew Jak-52 installiert und in Deutschland am Verkehrslandeplatz Dahlemer Binz im Flug erprobt. Bisher wird die Laufzeit des Triebwerks zwischen den Grundüberholungen mit 1000 Stunden angesetzt, Ziel sind jedoch 3000 Stunden. Bei einer angenommenen jährlichen Nutzungsdauer von 500 Stunden lägen die jährlichen Wartungs- und Kraftstoffkosten eines RED A03 mit gut 60 000 US-Dollar bei etwa der Hälfte der Kosten einer PT6A-Turbine, wirbt der Motorhersteller.

Quelle: FLUG REVUE

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