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Raumfahrt - Raketen „Made in Germany“: Deutschland strebt ins All

8.09.2020

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Isar Aerospace soll 2021 abheben. Experten rechnen mit einem Milliardenmarkt für kleinere Raketen – und sehen gute Chancen für die hiesige Wirtschaft.

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Josef Fleischmann, Markus Brandl und Daniel Metzler (v. l.)

 

Die Gründer von Isar Aerospace arbeiten fast ausschließlich mit Technik aus dem Großraum München.

 

(Foto: Hering Schuppener Consulting)

Berlin, Düsseldorf, München Elon Musk hat es mit seiner privaten Weltraumfirma Space X vorgemacht: Das All liefert auch Geschäftsmodelle. Die deutsche Industrie will jetzt mit eigenen Raketen in den Weltraum. An diesem Montag nimmt in München das Unternehmen „Isar Aerospace“ die Produktion der ersten Trägerraketen auf. Die 27 Meter lange „Spectrum“ soll bereits im kommenden Jahr Satelliten mit einem Gewicht von bis zu einer Tonne in den Weltraum wuchten können.

Die Ausgründung der TU München stützt sich auf prominente Investoren, darunter den von Susanne Klattenfinanzierten Gründerfonds Unternehmertum, den Raumfahrkonzern Airbus und den Risikofonds Earlybird. Bis Ende des Jahres sollen nach Informationen des Handelsblattes über eine zweite Investorenrunde insgesamt rund 100 Millionen Euro bereitstehen. „Wir wollen ein europäisches Space X aufbauen, ein privat finanziertes Unternehmen zum Bau von Weltraumraketen“, sagte Vorstandschef Daniel Metzler dem Handelsblatt.

Neben „Isar Aerospace“ planen schon zwei weitere deutsche Neugründungen den Bau von Raketen. Die Deutschen versprechen kleinere Lasten billiger und schneller starten zu können als etablierte Anbieter. Die Nachfrage steigt.

Unternehmen wie Space X, Amazon oder Oneweb wollen in den kommenden Jahren zehntausende Satelliten am Himmel platzieren, um ein globales Breitband-Internet anzubieten. Space X will mit Starlink bis 2027 knapp 12.000 Satelliten starten. Konkurrent Amazon erhielt mit seinem „Projekt Kuiper“ erst vor wenigen Tagen die Genehmigung von US-Behörden, mehr als 3200 Satelliten in den Himmel zu schießen.

Hierfür braucht es kleinere Raketen als die europäische „Ariane“ oder die ebenfalls von Space X entwickelte „Falcon“ - eben jene, die auch die deutschen Unternehmen anbieten wollen. Nach Schätzung von Morgan Stanley wird sich der Markt für Satellitenstarts schon bis 2023 auf 6,9 Milliarden Dollar verdoppeln.

Zur Unterstützung der jungen deutschen Unternehmen fordert der Bundesverband der Deutschen Industrie einen eigenen Weltraum-Startplatz. Am Freitag stellte der BDI zusammen mit mehreren Chefs von Raumfahrtfirmen im Bundeswirtschaftsministerium eine Machbarkeitsstudie für eine mobile Startplattform in der Nordsee vor. Da die Beteiligungskosten des Bundes mit 30 Millionen Euro für die ersten sechs Jahre überschaubar wären, soll der Plan nun ernsthaft im Ministerium geprüft werden, wie es nach dem Treffen hieß. 

„Ein Startplatz in der Nordsee würde nicht nur den Herstellern von Microlaunchern helfen, sondern insgesamt die Raumfahrt hierzulande voranbringen“, sagte Marco Fuchs, Chef des zweitgrößten deutschen Raumfahrtunternehmens OHB, das am Raketen-Start-up Rocket Factory Augsburg beteiligt ist, dem Handelsblatt. „Dass die Bundesregierung die Möglichkeit nun ernsthaft prüft, ist ein Zeichen, dass sie die Chancen der Raumfahrt erkannt hat.“

Deutschland soll zum Hotspot neuer Raketen werden

Die Halle im Münchener Süden ist noch fast leer, aber Daniel Metzler, der Chef von Isar Aerospace, und Josef Fleischmann, der Chief Operating Officer (COO), haben bereits jeden Quadratmeter verplant. Links sollen die großen 3D-Drucker für die Triebwerke stehen, daneben die Hochleistungsfräsen für die Präzisionsbauteile. Gleich gegenüber liegt die Fläche für die Endmontage: Bis zu drei Trägerraketen vom Typ „Spectrum“ können hier gleichzeitig gebaut werden, jede 27 Meter lang mit genug Kraft, um ihre Nutzlast in weniger als acht Minuten in die Erdumlaufbahn zu schießen.

Die Ambitionen des jungen Unternehmens sind groß: Wenn Ende kommenden Jahres die erste „Spectrum“ mit einer Nutzlast von bis zu einer Tonne abheben wird, wäre es neben der europäischen„Ariane“ die erste deutsche Weltraumrakete, die in der Lage wäre, Satelliten ins All zu befördern.

So ehrgeizig das Projekt, so prominent sind die Förderer. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder will an diesem Montag die Produktion persönlich einweihen. Das Geld kommt von privaten Investoren. Erster Investor war Vito Ventures, der Risikokapitalfonds des Heizungsbauers Viessmann. Neben dem Airbus-Konzern, Startup-Förderer Earlybird und dem Gründerfonds „Unternehmertum“ ist auch Bulent Altan eingestiegen, der ehemalige Chefingenieur von Elon Musks Weltraumfirma „Space X“.

Nach einer ersten Investorenrunde wollen alle Anteilseigner auch in der zweiten Runde zeichnen. Das Kapital von „Isar Aersospace“ soll bis Ende des Jahres auf rund 100 Millionen Euro aufgestockt werden, heißt es in Unternehmenskreisen.

„Wir sind fest davon überzeugt, dass sich Mikro-Satelliten im erdnahen Orbit in der kommenden Dekade zu einer zentralen Plattformtechnologie mit enormen Innovations- und Geschäfts-Potentialen entwickeln werden“, sagt Hendrik Brandis, Founding Partner beim Münchner Risikokapitalgeber Earlybird. Der strategische Flaschenhals seien allerdings geeignete Trägerraketen. „Diese wirklich zentrale Infrastruktur stellt Isar Aerospace ab 2021 zur Verfügung. Als größter Investor sind wir sehr stolz darauf, das tolle Gründerteam auf diesem Weg zu begleiten.“

Das Münchener Unternehmen ist in Deutschland das prominenteste Beispiel einer Welle von Neugründungen, die unter dem Schlagwort „New Space“ von den USA ihren Ausgang genommen hat. Angefacht von den Erfolgen von Unternehmern wie Elon Musk, der mit seiner Firma „Space X“ den Markt aufrollt, versuchen sich weltweit immer mehr Startups an dem Bau von Raketen, Satelliten oder der Vermarktung von Daten und Dienstleistungen.

Dank neuer Techniken wie dem 3D-Druck oder dem Einsatz von Cloud-Computing können bereits kleine Teams Raketen und Satelliten konstruieren – früher war das die Domäne von Großkonzernen wie Airbusoder Boeing. In Europa ist Deutschland der Hotspot der Szene mit einem besonderen Schwerpunkt auf der Entwicklung von neuen Trägerraketen.

Neben „Isar Aerospace“ versuchen sich die schwäbische „Hi-Impulse“ sowie die „Rocket Factory Augsburg“, Tochter des Bremer OHB-Konzerns an dem Bau von so genannten „Launchern“ für kleine und mittlere Lasten. „Noch nie wurde so viel privates Geld in die Raumfahrt investiert und der Trend weist weiter nach oben“, sagt Ingo Baumann, Partner der Kölner Technologiekanzlei BHO Legal. Alleine in Deutschland hätten sich in den vergangenen Jahren rund 80 neue Firmen gegründet.

Die Triebwerke kommen aus dem 3D-Drucker

Die Euphorie ist groß. „Raketentechnik ist keine Magie. Die Konstruktion hat sich seit den Mondflügen nicht groß geändert“, sagt Josef Fleischmann, der mit gerade einmal 28 Jahren als COO den Aufbau der Raketenproduktion bei „Isar Aerospace“ leitet. Aber anders als früher sei das heute schneller und billiger möglich. „Der größte wirtschaftliche Hebel in der Raketenindustrie liegt in der Automatisierung der Fertigung“.

Der Diplom-Ingenieur war Teil einer studentischen Forschungsgruppe der TU München, die von Startplätzen in Brasilien Höhenraketen testete. Dabei entwickelte die Gruppe nicht nur neue Triebwerke, sondern druckte die Brennkammern erstmals in einem Stück über neue 3D-Metalldruckverfahren. „Früher hat es Monate gedauert eine Brennkammer herzustellen, heute schaffen wir das in wenigen Tagen“, sagt Fleischmann.

Mit nur 150 Mitarbeitern will „Isar Aersospace“ starten. Das Team ist dennoch multinational: Mitarbeiter aus zwei Dutzend Nationen arbeiten an der Rakete. Amerikaner und Chinesen sind nicht dabei. Beide Nationen achten streng darauf, dass eigenes Know-How nicht abwandert. Umgekehrt dürfen in der amerikanischen Raketenindustrie nur US-Bürger arbeiten.

80 Prozent der Rakete will „Isar Aerospace“ selbst herstellen, fast ausschließlich mit Technik aus dem Großraum München. Das Vorgehen ähnelt dem große Vorbild „Space X“, wo es Musk und Altan gelungen ist, mit deutlich schnelleren Prozessen die etablierten Hersteller Boeing oder Lockheed Martin aus dem Markt zu drängen.

Mittlerweile kontrolliert „Space X“ rund die Hälfte des weltweiten Marktes für kommerzielle Satellitenstarts und düpiert damit auch die europäische „Ariane“. Die von den europäischen Staaten finanzierte Trägerrakete wird immer noch nach einem ineffizienten Proporzschlüssel gebaut und ist deutlich teuer als die „Falcon“-Raketen von „Space X“.

Das hat für den Steuerzahler bisweilen kuriose Folgen: So startet die Bundeswehr ihre neuen „Sarah“-Spionagesatelliten nicht mit der „Ariane“, sondern mit der deutlich günstigeren „Falcon“. Der Start in den USA wird eigens von deutscher Militärpolizei überwacht.

Starts von Satelliten bis zu einer Tonne könnten in Zukunft von den neuen deutschen Raketenbauern übernommen werden. Auch hier kommt der Markt den Newcomern entgegen. Wie alle elektronischen Geräte werden auch Satelliten immer kleiner und leistungsfähiger – die einst tonnenschweren Kolosse schrumpfen immer öfter zu Hochleistungsrechnern im Laptop-Format.

Die kleineren Satelliten sollen auch billiger gestartet werden. „Wir wollen den Preis für ein Kilogramm Nutzlast auf 10.000 Euro pro Kilogramm für Kleinsatelliten drücken“, sagt Vorstandschef Daniel Metzler. Heute ist in diesem Segment unterhalb der „Falcon“ und der „Ariane“ noch das zwei bis Dreifache fällig – bei Wartezeiten bis zu zwei Jahren.

Isar Aerospace will den Kunden Starts wenige Monate nach Buchung anbieten. „Man kauft bei uns keine Rakete, sondern einen Satellitenstart. Der Kunde bringt uns den Satelliten, wir übernehmen den Rest“, verspricht Metzler. „Das Kundeninteresse liegt heute im mittleren dreistelligen Millionenbereich. Wir haben schon Interessenten, die mit dem ersten Start Satelliten mitschicken wollen“.

Die Risiken sind dennoch hoch. Die Chancen für erfolgreiche Starts neuer Trägerraketen stehen in der Regel bei 50 Prozent. Schon kleinste Ungenauigkeiten in dem komplizierten Zusammenspiel zwischen Mechanik, Software und Telemetrie können zum Absturz führen. Wollen die Münchener als Alternative im Markt auftreten, dann müssen sie beweisen, dass sie verlässlich starten können.

Die Risiken bei den Auftraggebern

Der Markt entwickelt sich. Wichtigster Umsatztreiber in der Weltraumwirtschaft werden in den kommenden Jahren Kommunikationssatelliten sein. Space X, Amazon oder Oneweb platzieren zehntausende von Satelliten auf niedriger Umlaufbahn von 550 bis 600 Kilometer Höhe. Damit können die Unternehmen ein lückenlosen Breitband-Internet überall in der Welt anbieten.

Die Konzerne spekulieren auf ein lukratives Geschäft. In den kommenden Jahren steigt das Datenvolumen durch Anwendungen wie autonomes Fahren oder die Vernetzung von Maschinen exponentiell. Nach Schätzung von Morgan Stanley entsteht mit dem sogenannten „Satelliten-Breitband“ ein Markt, der von derzeit 3,9 Milliarden Dollar Umsatz auf mehr als 46 Milliarden Dollar 2030 ansteigen wird.

Doch auch hier lauern Risiken: Ende März musste das britische Unternehmen Oneweb Insolvenz anmelden, nachdem die japanische Softbank im Zuge der Corona-Krise ihre Zahlungen einfror. Das Unternehmen, das als europäische Antwort zu Amazon und Space X ein weltweites Satellitennetz zur Versorgung mit Internet aufbauen wollte, hängt nun am finanziellen Tropf der britischen Regierung.

Quelle:  Handelsblatt

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Update: 9.09.2020

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Germany eyes space satellite launchpad in North Sea

The German government is studying a proposal from German industry to create a mobile launchpad for satellites in the North Sea.
Under the plan, small satellites weighing up to one tonne would be launched with German-built rockets.
No site has been chosen yet, but it would be in Germany's economic zone.
The Federation of German Industries (BDI) is lobbying for the project, German media report. It would be a public-private partnership.
German media quote the BDI proposal as saying "a German launchpad is technically feasible and makes strategic and economic sense".
Massive reliance on satellites in the digital economy - for new technologies like self-driving cars - makes space projects attractive for start-ups.
The German proposal involves three German start-ups, including Isar Aerospace in Ottobrunn, near Munich, which is developing two-stage 27m (89ft) rockets. It plans to start launching them next year.
One of the company's advisers is Bulent Altan, a former vice president at SpaceX, the space services firm led by US tech billionaire Elon Musk.
The platform envisaged would not be designed for booster rockets of the sort used by the European Space Agency at its Kourou launch site in French Guiana. Rather, these would be "mini-rockets".
I've lost count of the number of companies across the globe that are trying to develop small rockets. But it's a stampede.
There is a boom in compact satellites driven by low-cost, miniaturised electronics - and all these spacecraft are looking for a ride to orbit.
They could, and do, go up as flocks - 30-60 at a time - on big rockets. But that often means having to wait on others' readiness, and going to orbits that are a compromise for everyone involved, rather than the ideal orbit for your particular mission.
Hence the push for small, agile rockets that can be more responsive to the needs of this burgeoning market. Northern European states like the UK, Norway and Sweden are all in this game, and the German government, too, has signalled its intention to seed a home-grown microlauncher sector.
Why go for a sea-based rocket pad? If you don't have a large land area far from population centres, it's a safe alternative, should a vehicle fail in flight and fall back to Earth.
The North Sea position also opens up a clean shot at the type of orbits that most of these new satellites want to get into, which is going around the Earth from pole to pole.
The idea is for the German government to put in an initial investment of about €30m (£27m; $35m), after which, it is hoped, the North Sea launchpad would become commercially profitable.
German Economy Minister Peter Altmaier has spoken favourably about Germany developing its own space launch facility.
But German media say the BDI plan could cause political friction with European partners who are reported to have similar ambitions - for example the EU, Norway and Sweden.
Quelle: BBC
 

 

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