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Astronomie - Grönland: Forscher finden riesigen Meteoritenkrater unterm Eis

15.11.2018

Mehr als einen Kilometer groß dürfte der Meteorit gewesen sein, der einst auf Grönland krachte. Jetzt haben Forscher tief im Eis seine Spuren entdeckt. Aber einige Rätsel des gigantischen Einschlags sind noch ungelöst.

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Am Anfang stand ein Scherz. Zusammen mit Kollegen vom Geologischen Museum Kopenhagen hatte sich Nicolaj K. Larsen vor drei Jahren über eine soeben neu erschienene Karte des Untergrunds von Grönland gebeugt. Sie war mit Hilfe von Radarmessungen entstanden und zeigte die geologischen Formationen unter dem bis zu drei Kilometer dicken Eisschild.

 

Man war gerade dabei, eine Expedition auf die eisige Insel zu planen. Diese sollte helfen, ein Rätsel zu lösen, das seit mehr als einem halben Jahrhundert offen geblieben war: Im Hof des Museums liegt seit dem Jahr 1963 ein 20 Tonnen schwerer Eisenmeteorit, Agpalilik genannt. Er ist ein Bruchstück des Cape-York-Meteoriten, eines noch viel größeren, wohl mindestens 200 Tonnen schweren Körpers. Dieser soll, so die bisherigen Schätzungen, vor fast 10.000 Jahren in der Erdatmosphäre zerbrochen und dann in einem Gesteinsschauer auf Grönland und seine Umgebung gestürzt sein.

Doch bis heute kennen die Forscher keinen dazu passenden Einschlagkrater. Nun wollten sie einen neuen Versuch starten, diesen doch noch zu finden.

Als Larsen auf die neue Landkarte Grönlands schaute, die da vor ihm und seinen Kollegen lag, blieb sein Blick an einer eigenartigen Struktur im Nordwesten Grönlands hängen, unmittelbar am Rand des Hiawatha-Gletschers. "Ich habe auf diese kreisrunde Formation geschaut und gesagt: 'Da ist euer Krater'", erinnert sich der Forscher. "Wir haben darüber gelacht."

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Neue Landkarte: So sieht Grönland unter dem Eis aus

Doch schnell stellte sich heraus: So abwegig war der Gedanke gar nicht. Allerdings fehlten präzise Radardaten aus der abgelegenen Region, um bestimmen zu können, ob es sich wirklich um einen Krater handelte. Nun, rund drei Jahre später, liegen - auch dank deutscher Forscher - die nötigen Messergebnisse vor. Und ein internationales Team kann im Fachmagazin "Science Advances" von der Entdeckung eines 31 Kilometer breiten Einschlagkraters unter dem grönländischen Eis berichten.

Doch ob die gefundene Formation tatsächlich mit den bekannten Stücken des Cape-York-Meteoriten im Zusammenhang steht, die neben Kopenhagen unter anderem auch im American Museum of Natural History in New York ausgestellt werden, lässt sich weiterhin nicht sagen. Selbst über den Zeitpunkt des Einschlags können die Forscher weiter nur ungefähre Angaben machen.

Und doch haben sie einige faszinierende Dinge herausgefunden. "Der Krater ist außergewöhnlich gut erhalten. Das ist überraschend, denn fließendes Gletschereis ist ein unglaublich effizientes Erosionsmittel, das Spuren des Einschlags schnell entfernt hätte", sagt Kurt Kjær, der leitende Autor der Studie, der ebenfalls am Geologischen Museum Kopenhagen arbeitet. Allzu lange kann der Einschlag also, geologisch gesprochen, nicht her sein. "Möglicherweise entstand er sogar erst vor 12.000 Jahren, also gegen Ende der letzten Kaltzeit", so Kjær.

Damit wäre er in einer wissenschaftlich hochinteressanten Phase gelandet. Forscher sprechen von der sogenannten Jüngeren Dryaszeit, einer Art kurzem Aufflackern der letzten Eiszeit, als es auf der Erde binnen weniger Jahre um bis zu 15 Grad kälter wurde - und Gletscher noch einmal bis nach Großbritannien vorstießen.

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So sieht es unter dem Eisschild in der betreffenden Region aus (grafische Darstellung): Allzu lange kann der Einschlag, geologisch gesprochen, nicht her sein. "Möglicherweise entstand er sogar erst vor 12.000 Jahren, also gegen Ende der letzten Kaltzeit", so Forscher Kjær.

Als eine der möglichen Ursachen für diesen Kälteeinbruch wird immer wieder der Einschlag eines Meteoriten diskutiert. Und womöglich lassen sich dessen Spuren auch im Grönländischen Eis nachweisen. In diesem Fall ließe sich also mithilfe des Kraters womöglich sogar ein ganz großes Rätsel der Geoforschunglösen.

Das Problem: Die an der aktuellen Veröffentlichung beteiligten Wissenschaftler können eben nicht zweifelsfrei nachweisen, dass der neu entdeckte Krater und die Abkühlung der Jüngeren Dryaszeit etwas miteinander zu tun haben. Womöglich ist der Einschlag einfach vor viel längerer Zeit passiert. "Es wäre schön, wenn der Krater so jung wäre", sagt Co-Autor Horst Machguth von der Universität im schweizerischen Freiburg. Doch in Wahrheit sei auch ein deutlich höheres Alter gut vorstellbar.

"Eine der spannendsten Arbeiten, an denen ich je beteiligt war", nennt Machguth die aktuelle Veröffentlichung dennoch - auch wegen der Diskussionen unter den beteiligten Wissenschaftlern. Am Ende entschlossen sie sich aber schweren Herzens, einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Impakt und der Jüngeren Dryaszeit wieder aus dem Manuskript zu streichen.

Verformte Sandkörnchen

Dabei haben Forscher unter besseren Bedingungen durchaus Chancen, gigantische Impaktereignisse vergleichsweise genau zu datieren. Sie sehen sich dazu zum Beispiel sogenannte Tektite an. Das sind ein paar Zentimeter große Objekte, die entstehen, wenn ein Meteorit auf der Erde einschlägt: Durch die Wucht des Aufpralls wird Material am Boden geschmolzen und ausgeworfen, es erstarrt später zu Glas. Dessen Alter lässt sich mithilfe einer Variante der sogenannten Kalium-Argon-Datierung bestimmen, bei dem der radioaktive Zerfall des Elementes Kalium zu Argon gemessen wird.

"Wir haben aber keinen Zugriff auf Material aus dem Krater, das normalerweise verwendet wird", sagt Forscher Larsen. Ganz ohne nutzbare Proben stehen die Wissenschaftler aber nicht da. So haben Kollegen auf ihren Grönland-Expeditionen in den Sommern 2016 und 2017 Sedimente gesammelt, die durch einen Schmelzwasserkanal aus dem Bereich des Einschlagkraters herausgespült wurden.

An diesen zeigte sich, dass bei einem Teil des ausgespülten Quarzsandes einzelne Körner so deformiert waren, wie es nach einem Aufprall zu erwarten gewesen wäre. "Dies ist ein schlüssiger Beweis dafür, dass die Depression unter dem Hiawatha-Gletscher ein Meteoritenkrater ist", so Larsen. Im Sediment fanden die Forscher auch erhöhte Gehalte von Nickel, Kobalt, Chrom und Gold - und damit Hinweise, dass ein vergleichsweise seltener Typ von Eisenmeteorit für den Einschlag verantwortlich war.

Genug Glaspartikel für eine Datierung kamen bisher aber nicht zusammen.

Weitere wichtige Informationen zum Einschlag lieferten auch Forscher des Alfred-Wegener-Institutes (AWI) in Bremerhaven. Sie hatten ein mit US-Kollegen zusammen entwickeltes Radarsystem im Forschungsflieger "Polar 6" installiert und das Gebiet im Mai 2016 in geringer Höhe überflogen.

Bei der Beobachtung der Eisschichten habe man alles vorgefunden, was einen Meteoritenausschlag auszeichne, berichtet AWI-Forscher Olaf Eisen. Er ist einer der Co-Autoren der aktuellen Forschungsarbeit und gerade auf dem Weg zu einem Forschungsaufenthalt am anderen Ende der Welt, in der Antarktis.

Und dennoch: Die bisher vorliegenden Informationen reichen nicht aus, um den Einschlag vom Hiawatha-Gletscher zweifelsfrei mit den Trümmern des Cape-York-Meteoriten zusammenzubringen. Für die Altersbestimmung reichen sie auch nicht - und damit auch nicht, um endlich einen Verantwortlichen für die Abkühlung in der Jüngeren Dryaszeit zu finden.

Nicolaj K. Larsen ist trotzdem optimistisch. Vielleicht gelänge es ja in Zukunft, bei einer Bohrexpedition Material vom Kraterboden heraufzubefördern. Das wäre aufwendig und nicht ganz billig, aber mit Hilfe von Warmwasserbohrgeräten wohl durchaus machbar.

Die Herausforderung wäre groß: Die Einschlagsenke ist 31 Kilometer breit, ein Bohrloch nur zehn Zentimeter. Was also, wenn man nach komplizierten Arbeiten unter den Extrembedingungen Grönlands am Boden des Kraters nur jüngere Sedimente findet - aber eben kein Glas? Vielleicht, so die Hoffnung dann, könnte man noch den Rest der Wärme des einstigen Einschlags finden.

Vielleicht aber auch nicht.

Immerhin, es gäbe dann noch eine zweite Chance - und zwar, dass sich Hinweise auf den Impakt in anderen geologischen Archiven finden. Schließlich müssten bei dem Einschlag große Mengen Material in die Luft geworfen und später über große Flächen verteilt wieder zum Boden zurückgekommen sein - mit massiven Folgen für das Klima auf der Erde in der Zwischenzeit.

Spuren dieses Ereignisses könnten sich zum Beispiel in Sedimentkernen aus dem Arktischen Ozean finden. Oder in Eiskernen, wie Forscher in Grönland schon zahlreiche erbohrt haben. Der geografisch nächste Bohrkern stammt vom Camp Century. Dieser Ort ist in den vergangenen Jahren weltweit bekannt geworden, weil die US-Armee dort in den Sechzigerjahren in einem Geheimprojekt Atomraketen stationieren wollte. Dazu kam es zwar nicht, aber große Umweltbelastungen sind geblieben, einstweilen unter dem Eis - doch sie könnten eines Tages wieder ans Tageslicht kommen.

Doch am Camp Century unternahm der Däne Willi Dansgaard zur gleichen Zeit auch die erste Tiefenbohrung ins Grönländische Eis, gerade einmal 300 Kilometer von der nun entdeckten Einschlagstelle entfernt. Allerdings hatte bei der Analyse des Kerns damals niemand nach Spuren des Impakts gesucht - und unverbrauchtes Probenmaterial existiert heute fast keines mehr. Und auch aus anderen Bohrkernen wie etwa dem der "Neem"-Bohrung gibt es bisher keine Hinweise auf einen Einschlag.

Natürlich werden Wissenschaftler das Kernmaterial aller Bohrkerne aus Grönland nun mit anderen Augen ansehen. Aber womöglich wird auch das am Ende keinen zweifelsfreien Aufschluss über das Ereignis bringen, das sich einst am Rand des heutigen Hiawatha-Gletschers abgespielt hat.

Und selbst wenn es so wäre.

Dann bliebe noch immer das Staunen. Das Staunen darüber, dass auf unserer scheinbar so gut erforschten Erde mal eben ein bisher unbekannter, mehr als 30 Kilometer messender Krater gefunden wurde. "Das ist gewaltig", sagt Forscher Machguth. "Man darf nie den Eindruck haben, dass man bereits alles entdeckt hat."

Quelle; Spiegel Online

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Massive impact crater from a kilometre-wide iron meteorite discovered in Greenland

BENEATH THE ICE-SHEET

An international team lead by researchers from the Centre for GeoGenetics at the Natural History Museum of Denmark, University of Copenhagen have discovered a 31-km wide meteorite impact crater buried beneath the ice-sheet in the northern Greenland. This is the first time that a crater of any size has been found under one of Earth’s continental ice sheets. The researchers worked for last three years to verify their discovery, initially made in the 2015. The research is described in a new study just published in the internationally recognized journal Science Advances.

The crater measures more than 31 km in diameter, corresponding to an area bigger than Paris, and placing it among the 25 largest impact craters on Earth. The crater formed when a kilometre-wide iron meteorite smashed into northern Greenland, but has since been hidden under nearly a kilometre of ice.

- The crater is exceptionally well-preserved, and that is surprising, because glacier ice is an incredibly efficient erosive agent that would have quickly removed traces of the impact. But that means the crater must be rather young from a geological perspective. So far, it has not been possible to date the crater directly, but its condition strongly suggests that it formed after ice began to cover Greenland, so younger than 3 million years old and possibly as recently as 12,000 years ago – toward the end of the last ice age, says Professor Kurt H. Kjær from the Center for GeoGenetics at the Natural History Museum of Denmark.

Map of the bedrock topography beneath the ice sheet and the ice-free land surrounding the Hiawatha impact crater. The structure is 31 km wide, with a prominent rim surrounding the structure. In the central part of the impact structure, an area with elevated terrain is seen, which is typical for larger impact craters. Calculations shows that in order to generate an impact crater of this size, the earth was struck by a meteorite more than 1 km wide. Photo: Natural History Museum of Denmark. 

Giant circular depression

The crater was first discovered in July 2015 as the researchers inspected a new map of the topography beneath Greenland's ice-sheet. They noticed an enourmous, but previously undetected circular depression under Hiawatha Glacier, sitting at the very edge of the ice sheet in northern Greenland.

- We immediately knew this was something special but at the same time it became clear that it would be difficult to confirm the origin of the depression, says Professor Kjær.

In the courtyard at the Geological Museum in Copenhagen just outside the windows of the Center for GeoGenetics sits a 20-tonne iron meteorite found in North Greenland not far from the Hiawatha Glacier.

- It was therefore not such a leap to infer that the depression could be a previously undescribed meterorite crater, but initially we lacked the evidence, reflects Associate Professor Nicolaj K. Larsen from Aarhus University.

Close-up of the northwestern ice-sheet margin in Inglefield Land. The Hiawatha impact crater was discovered beneath the semi-circular ice margin. The structure is also imprinted on the shape of the ice surface, even though it lies nearly 1000 meters below the ice surface. Hiawatha is named after outlet glacier at the edge of the ice sheet. The name was given by Lauge Koch in 1922 during an expedition around northern Greenland, while thinking of the pre-colonial native American leader and co-founder of the Iroquois Confederacy. Photo: Natural History Museum of Denmark. 

The crucial evidence

Their suspicion that the giant depression was a meteorite crater was reinforced when the team sent a German research plane from the Alfred Wegener Institute to fly over the Hiawatha Glacier and map the crater and the overlying ice with a new powerful ice radar. Joseph MacGregor, a glaciologist at NASA, who participated in the study and is an expert in ice radar measurements adds:

- Previous radar measurements of Hiawatha Glacier were part of a long-term NASA effort to map Greenland’s changing ice cover. What we really needed to test our hypothesis was a dense and focused radar survey there. Our colleagues at the Alfred Wegener Institute and University of Kansas did exactly that with a next-generation radar system that exceeded all expectations and imaged the depression in stunning detail. A distinctly circular rim, central uplift, disturbed and undisturbed ice layering, and basal debris. It’s all there.

In the summers of 2016 and 2017, the research team returned to the site to map tectonic structures in the rock near the foot of the glacier and collect samples of sediments washed out from the depression through a meltwater channel.

- Some of the quartz sand washed from the crater had planar deformation features indicative of a violent impact, and this is conclusive evidence that the depression beneath the Hiawatha Glacier is a meteorite crater, says Professor Larsen.

Quartz grains with planar deformation features. These features are diagnostic of the quartz having experienced the shock of a massive impact event. Photo: Natural History Museum of Denmark.

The consequences of the impact on the Earth’s climate and life

Earlier studies have shown that large impacts can profoundly affect Earth’s climate, with major consequences for life on Earth at the time. It is therefore very resonable to ask when and how and this meteorite impact at the Hiawatha Glacier affected the planet.

- The next step in the investigation will be to confidently date the impact. This will be a challenge, because it will probably require recovering material that melted during the impact from the bottom of the structure, but this is crucial if we are to understand how the Hiawatha impact affected life on Earth, concludes Professor Kjær.

An artist’s depiction of a possible impact into the Greenland Ice Sheet. The iron meteorite penetrated 7 km into the Earth’s crust, creating a crater that was initially 20 km wide and collapsed within minutes into the final 31 km crater we see today. Image credit: Carl Toft.

Quelle: UNIVERSITY OF COPENHAGEN

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